Das gewisse Etwas fehlte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
zebra Avatar

Von

Ich gestehe: Hier bin ich „Cover-Opfer“ – dann noch der Hinweis, dass es britischer Provenienz ist, muss man doch mögen, oder?

Die Geschichte handelt von Janice, einer Putzfrau, die ihren Job liebt. Noch mehr jedoch liebt sie die Geschichten, die ihre Kunden ihr erzählen, während sie den Flur entrümpelt oder den Boden feudelt. Sie selbst scheint jedoch keine Geschichte zu haben (abgesehen davon, dass in ihrer Ehe die Lasten ungleich verteilt sind), was ihr bewusst wird, als sie für die alte Mrs. B. zu putzen beginnt. Denn die dreht den Spieß rum und hört Janice zu – nachdem sie ihr ziemlich zugesetzt hat.

In der Tat bin ich noch ein wenig ratlos wegen der Geschichte: Ich wollte sie mögen und ich mag sie auch, aber ganz rund ist doch etwas nicht … Was die Geschichte besonders macht, ist ihre Alltäglichkeit: Da ist eine Putzfrau mit schwierigen und weniger schwierigen Kunden, in deren Privatsphäre sie regelmäßig unterwegs ist und das sowohl räumlich als auch gedanklich. Das ist für sie normal. Normal ist eigentlich auch, dass eine gestandene lebenserprobte ältere Frau ihr quasi den Spiegel vorhält. So wird Janice langsam bewusst, dass sie zwar eine Geschichte hat, sich damit aber nicht auseinandersetzen will. So war denn auch Mrs. B. (neben dem Terrier) für mich die eigentliche Hauptfigur: interessant, witzig, neugierig; Janice dagegen ist „nur“ nett, freundlich zu jedem – so kantenlos … Ein weiterer Punkt, der die Geschichte erzählenswert macht, ist der Umstand, dass hinter jedem Menschen, wirke er auch auf den ersten Blick noch so langweilig, eine interessante Geschichte stecken kann, derjenige vielleicht ein gewaltiges Päckchen zu tragen hat. Dieser Aspekt läuft so ein bisschen unter dem Radar während des Lesens, zumal man die Figuren ja aus Janices Sicht vorgestellt bekommt. So sammelt man selbst während des Lesens Geschichten, sogar eine ziemliche Menge und ja, sie sind auch „gehaltvoll“, mal lustig, mal traurig, und nein, ich werfe der Geschichte nicht vor, dass sie leise ist (plakativer ausgedrückt: etwas schwer in Gang kommt, keine Handlung in dem Sinne hat). Vielmehr kam ich mit dem Erzählstil wohl nicht so ganz zurecht: Präsens – das ist bei mir oft ein Problem. Doch das war nicht der Punkt: Irgendetwas fehlte, das leise Geschichten brauchen, um zu überzeugen. Die Lektüre bzw. das Zuhören war durchaus unterhaltsam, aber irgendwie plätscherte die Geschichte vor sich hin – was nicht an Sandra Voss lag. Die hat Janice wunderbar ihre Stimme geliehen, gut moduliert, sodass ich sogar relativ schnell den Bogen raushatte, um wen es gerade geht. Das gewisse Etwas fehlte einfach. Und so gibt es noch ganz knapp von 3,5 aufgerundete 4 Sterne, weil diese Geschichte nur aus Marketingsicht um Aufmerksamkeit heischt.