Ein eher ruhiges Buch, doch keine Erleuchtung.

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Der französische Bestseller "Das glückliche Leben" beschäftigt sich mit dem Tod. Nicht mit dem endgültigen, sondern mit jenem, nach dem man den Sargdeckel wieder öffnet und weiterlebt.

Éric Kherson ist ein Hustler. Er hat sich nach oben gekämpft, liefert in seinem Job Spitzenleistung – und auch in der Regierung, wo ihn eine Freundin unterbringt, brilliert er. Für ein Buch von knapp 220 Seiten nimmt dieser Lebensabschnitt erstaunlich viel Raum ein, sodass der eigentliche Kern erst spät einsetzt. Denn auf einer Geschäftsreise nach Seoul begegnet Éric dem Tod – seinem eigenen.

Bekannt ist, dass die Koreaner für außergewöhnliche Ideen und Erfindungen offen sind. Ihr Mindset unterscheidet sich stark von unserem. So faszinierend wie fragwürdig wirkt daher das Konzept, Menschen ihren Tod „durchleben“ zu lassen, um sie mit den wirklich wichtigen Fragen zu konfrontieren. Was wünschen sich diejenigen, die in ihren eigenen Sarg steigen, vom Leben? Ist es tatsächlich der Job, der zählt? Das Geld auf dem Konto? Dass Nahtoderfahrungen Denkweisen verändern können, ist bekannt – aber dass man dieses Gefühl künstlich erzeugen kann, war auch für mich neu.

Érics Leben nimmt dadurch eine Wende, und er kehrt nach Paris zurück, um die Idee zu importieren. Als Gegengewicht tritt Amélie auf, jene Freundin, die ihn einst in die Regierung holte. Auch sie lebt für die Arbeit und bildet damit einen starken Kontrast zu Éric. Durch diese Gegenüberstellung bleibt der gesellschaftliche Bezug erhalten: Neue Ideen stoßen selten sofort auf offene Arme, sie müssen sich erst durchsetzen.

Allerdings hätte ich mir mehr Reflexion von Éric gewünscht. Zwar gibt es zwei Schlüsselmomente, in denen seine Wandlung sichtbar wird, doch ein tieferes Nachdenken über Gesellschaft und Werte fehlt. Auch ein direkter Vergleich mit Südkorea hätte dem Buch gutgetan. Spannend waren immerhin die Einblicke in Suizidraten und Arbeitsmoral des Landes.

Ein eher stilles Buch. Interessant, aber ohne Erleuchtung.