Ein leiser Roman

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MEINE MEINUNG
Der französische Bestsellerautor und Prix-Renaudot-Preisträger David Foenkinos lädt in seinem neuen Roman „Das glückliche Leben“ dazu ein, auf überraschend leichte und zugleich tiefgründige Weise dem Wesen des Glücks und dem Sinn des Lebens nachzuspüren. Inspiriert von einer ungewöhnlichen südkoreanischen Praxis, bei der Menschen ihr eigenes Begräbnis inszenieren und als therapeutisches Ritual erleben, entwirft Foenkinos eine originelle und zugleich nachdenklich stimmende Geschichte über die Suche nach Erfüllung, Selbstverwirklichung und innerem Frieden.
Beinahe beiläufig entfaltet sich die leicht skurrile Geschichte um den etwas eigentümlichen, aber liebenswerten Antihelden Éric Kherson. Eine gescheiterte Ehe, die Entfremdung vom Sohn, das monotone Einerlei aus emotionaler Abstumpfung und die banale Routine seiner Arbeit lassen das Leben des ausgebrannten Vierzigjährigen in lähmender Leere erstarren. Erst die unerwartete Kontaktaufnahme der alten Schulfreundin Amélie über Facebook – verbunden mit dem Angebot eines Wechsels ins Außenhandelsministerium – eröffnet ihm einen Ausweg aus dieser Starre und eine neue Perspektive. Auf einer Geschäftsreise nach Seoul erfährt Éric in einer Filiale der ‚Happy Life‘-Franchise schließlich eine irritierende und zugleich erhellende Zäsur. Was anfangs wie ein befremdliches Ritual anmutet, erweist sich für ihn als eine Art mystisches Erwachen und markiert den Auftakt zu einem mutigen Neuanfang. Die Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit während seiner Fake-Beerdigung erschüttert ihn zutiefst und öffnet den Blick auf neue, wesentliche Horizonte in seinem Leben.
Mit einem warmherzigen Schreibstil, durchzogen von feinem Humor und leiser Ironie, entführt uns der Autor in eine ruhige Erzählung voller leiser Töne. So begleiten wir Éric auf seinem weiteren Lebensweg, der ihn seinem persönlichen Glück allmählich näherführt.
Mit seiner entschleunigten, beinahe filmischen Erzählweise und einer feinsinnigen Beobachtungsgabe gelingt es Foenkinos, eine beeindruckende Bandbreite an Stimmungen und Emotionen einzufangen. Gekonnt erweckt er den liebevoll gezeichneten Protagonisten zum Leben, macht dessen innere Erschöpfung, Leere, Zweifel, Enttäuschungen und Sehnsüchte atmosphärisch greifbar. Doch so eindrücklich die Zeichnung der Charaktere und ihr Innenleben auch gelingt, so oberflächlich bleibt der Autor im Umgang mit den tieferen Schichten seiner Themen. So werden Fragen nach Sinnsuche, Depression und existenziellen Ängsten nur gestreift, existenzielle Krisen den Figuren erspart und gesellschaftliche Brüche und Probleme allenfalls am Rande angedeutet.
Anstelle plakativer Lebensweisheiten entfaltet der Roman eine Fülle nachdenklicher Passagen über die Endlichkeit des Lebens und den Mut, Routinen hinter sich zu lassen, um einen Neubeginn zu wagen. Foenkinos regt uns dazu an, innezuhalten, das eigene Dasein zu hinterfragen und sich den eigenen Vorstellungen von Glück und Sinn zuzuwenden. Mit feinem Gespür für Zwischentöne zeigt er, dass sich das wahre Glück selten im spektakulären Augenblick offenbart, sondern weit häufiger in den kleinen Momenten und leisen Gesten des Alltags.

FAZIT
Ein charmanter, behutsam erzählter Roman über die lebensnahe Suche nach Glück und Sinn, der mit seiner warmherzigen Stimme, seinem Humor und seiner zarten Ironie zu unterhalten weiß.
Eine stille Hymne auf das persönliche Glück und eine inspirierende Einladung zum Innehalten für alle, die sich auf die Suche nach einem erfüllten Leben begeben möchten.