Happy Life

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kalteasche Avatar

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Éric trifft nach vielen Jahren seine ehemalige Klassenkameradin Amélie wieder. Sie wirbt ihn sofort für ihre Firma an, obwohl Éric mit seinem bisherigen Leben zufrieden zu sein scheint. Doch leise Zweifel nagen an ihm, und schließlich entscheidet er sich, für Amélie zu arbeiten. Auch dieser Neuanfang erfüllt ihn nicht: Er ist erschöpft, ausgelaugt und spürt, dass etwas fehlt. Auf einer Geschäftsreise stößt er auf das in Korea populäre Ritual „Happy Life“, eine inszenierte eigene Beerdigung als Selbsterfahrung. Das, was Éric dort erlebt, verändert ihn tief. Getrieben von dem Wunsch, andere Menschen ebenfalls zu bewegen, bringt er das Konzept nach Frankreich. Parallel dazu zeigt sich, dass Amélie hinter ihrer taffen Fassade persönliche Konflikte verbirgt; auch sie wird durch die kurze, konfliktreiche Zusammenarbeit mit Éric in ihrem Inneren merklich erschüttert. Was zunächst wie zwei völlig unterschiedliche Lebenswege erscheint, verbindet sich nach und nach zu einer gemeinsamen Auseinandersetzung mit Identität, Verlust und der Frage nach einem sinnvollen Leben.

Ich habe „Das glückliche Leben“ wirklich gerne gelesen. Der Schreibstil ist angenehm und flüssig, man kommt leicht hinein und bleibt neugierig, wie es weitergeht. Besonders die Grundidee fand ich spannend: eine inszenierte Beerdigung als Auslöser für Veränderung. Das ist mal was anderes, hat mich sofort zum Nachdenken gebracht und ich habe mich öfter gefragt, ob ich mich selbst in so einen Sarg legen würde oder ob nicht auch eine ganz normale Auszeit irgendwo in der Natur denselben Effekt hätte.

Die Figuren sind glaubwürdig und vielschichtig. Éric wirkt auf den ersten Blick zufrieden, ist innerlich aber unsicher und müde. Amélie wiederum versucht, ihre persönlichen Probleme hinter Karriere und Arbeit zu verstecken. Je länger man liest, desto mehr zeigt sich, wie ähnlich die beiden eigentlich sind. Besonders Amélie hat mir gefallen, weil sie nicht nur als Geschäftsfrau gezeichnet wird, sondern nach und nach ihr verletzlicher Kern sichtbar wird.

Natürlich kann man darüber streiten, ob das Ritual „Happy Life“ wirklich so wirksam ist, wie es im Buch beschrieben wird. Für mich bleibt das fraglich, aber genau das macht die Lektüre interessant. Man fängt automatisch an, über das eigene Leben nachzudenken, ohne dass einem der Autor fertige Antworten vorsetzt.

„Das glückliche Leben“ ist ein Buch, das sich leicht liest und gleichzeitig tiefe Fragen aufwirft. Es regt dazu an, innezuhalten und über den eigenen Weg nachzudenken. Wer Lust auf eine ungewöhnliche Geschichte mit ernstem Kern und sympathischen Figuren hat, ist hier genau richtig.