Große Erzählkunst

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anana Avatar

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„Jeder Tanz ist ein Spiel, und jedes Spiel erklärt sich am besten selbst. Denn was tun alle Geschöpfe anderes, als auf dem Erdkreis zu spielen, im Angesicht eines spielenden Gotts?“

Richard Powers hat mit „Das grosse Spiel“ erneut beweisen, was für ein begnadeter Erzähler er doch ist. So ist es auch keine Überraschung, dass dieser Roman auf die Long List des Booker Prize 2024 gelangte.

In seinem Zentrum steht eine kleine Insel in Französisch-Polynesien, die Ausgangspunkt für den Bau schwimmender Städte werden soll. Hauptinvestor des Projekts ist Todd Keane, ein Pionier des Internets. Sein Kindheitsfreund Rafi Young und seine Frau Ina Aroita leben auf der Insel und bangen um ihre Zukunft. Und auch Evelyne Beaulieu, eine 92-jährige Ozeanografin, sieht sich gezwungen, zu dem Projekt Position zu beziehen.

Auf raffinierte Art und Weise entfaltet sich ein mit jeder Seite dichter werdendes Netz der Verbundenheit der Schicksale dieser Personen, wobei aus den verschiedenen Erzählperspektiven und in Zeitsprüngen erzählt wird. Jeder der Protagonisten ist komplex dargestellt und hat bewegte Lebenswege hinter sich. Darüber hinaus schafft es Richard Powers, dem Leser mit großer Eingängigkeit zugleich naturwissenschaftliche und philosophische Zusammenhänge näher zu bringen. So lernt man viel über den Ozean und seine Bewohner, Neo-Kolonialismus sowie die Geschichte des Internets und der künstlichen Intelligenz. Die sich in diesen Zusammenhängen aufdrängende Frage nach der Zukunft der Menschheit wird ebenfalls vom Autor äußerst klug aufbereitet, ohne dass er jedoch zu einfache Antworten gibt.

Ein großer Roman mit einem faszinierenden, sehr klug konstruierten Ende. Unbedingt lesenswert.