Klima, KI und ein begnadeter Autor
Es passiert mir ganz selten, dass ich ein Buch am Ende des Lesens zuschlage und von einer Art Ehrfurcht und sprachlosen Staunen ergriffen bin. Richard Powers hat es mit seinem neuen Roman 'Das grosse Spiel', und Eva Bonné mit einer grandiosen Übersetzung, geschafft. Was für ein komplexer, tiefgründiger und spannend zu lesender Roman, in dem es um Freundschaft, die Geschichte des Computers, Social Media und KI, Ozeane und deren Bedrohung, eine Pazifikinsel und ihren, durch Invasoren verursachten Raubbau und um doch so vieles mehr geht. Diese komplexen Themen baut Powers in unterschiedliche Erzählstränge ein, die alleine für sich schon als eigenständige Romane durchgehen könnten. Da ist die Geschichte einer Taucherin, die sich in einer Zeit, in dem das Tauchen mit Sauerstoffflasche in den Kinderschuhen steckte, in einer Männerwelt behauptet und den Ozean eine neue Bedeutung gibt. Da ist eine Jungenfreundschaft, die vom amerikanischen Gesellschaftsbild her, eigentlich fast chancenlos wäre - und doch kommen sich diese Beiden durch Spiele wie Schach und Go näher. Es ist die Geschichte eines Jungen, der schon früh erkennt, was man mit Computern und einer Community alles bewirken kann und darüber Freundschaft und irgendwann sich fast selbst vergisst. Es ist die Geschichte von Krankheit, Liebe, Scheitern und Hoffnung. Das klingt nach viel und es ist fast unvorstellbar, dass daraus über 500 Seiten faszinierende, pure Lesensfreude entsteht. Doch Richard Power, für mich einer der besten amerikanischen Gegenwartsautoren, schafft dieses Kunststück mit Bravour. Wer die Bücher von Maja Lunde gerne gelesen hat und auch Andreas Eschbachs 'Die Abschaffung des Todes' nicht aus der Hand legen konnte, sollte diesen Roman unbedingt lesen. Allen anderen lege ich ihn einfach ans Herz ...