Eine rundum gelungene Fortsetzung

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piecewartenoch Avatar

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Thea ist unglücklich immerzu nur Schweigen von ihrer Familie zu hören, wenn sie nach ihrer verstorbenen Mutter fragt, und fühlt sich von den Straßen Amsterdams eingeengt. Einzig die gelegentlichen Ausflüge ins Theater bieten ihr einen Hoffnungsschimmer, denn dort trifft sie sich heimlich mit dem Bühnenmaler Walter. Aber ihre Tante Nella hat andere Pläne mit ihrer Nichte, um die Familie vor Armut und Schande zu retten.

Jessie Burton bringt nach einigen Jahren eine Fortsetzung zu ihrem fantastischen Debütroman „Die Magie der kleinen Dinge“ heraus. Und bis ich sie in die Hände bekam, wusste ich gar nicht, dass ich sie brauchte. Aus Spoilergründen aber erst einmal der Hinweis, dass die Geschichte in „Das Haus an der Herengracht“ bis auf einen großen Zeitsprung von fast zwei Jahrzehnten nahtlos weitergeht. Es wird kaum bis eigentlich gar nichts aus dem ersten Teil wiederholt oder zusammengefasst. Daher der unbedingte Rat, vorher „Die Magie der kleinen Dinge“ zu lesen. Das macht das Leseerlebnis dieses Buchs auch wesentlich besser, denn zu meiner Freude treffen wir wieder auf altbekannte und geliebte Figuren. Insbesondere mit Nella, der Protagonistin aus dem ersten Band, konnte ich mich wieder wunderbar identifizieren und mich in sie hineinfühlen. Zu Beginn hatte ich Angst die Geschichte nur aus Theas Perspektive zu erleben, doch die Autorin macht es genau richtig, in dem sie uns in alle Köpfe der Protagonisten schauen lässt. Für mich stach neben einer spannenden Handlung, die anfangs etwas braucht, um ins Rollen zu kommen, vor allem die Figurengestaltung und der Schreibstil heraus. Die Figuren, die Burton mit ihren sorgfältig gewählten Worten erschafft, fühlen sich so nahbar und organisch an. Als hätten sie schon immer existiert, so vielschichtig, mehrdimensional vermittelt die Autorin sie und ihre innere Gefühlswelt. Aber insbesondere der Schreibstil war ein voller Genuss, der für mich das Setting des Amsterdams im Jahr 1705 sich vollkommen lebendig hat anfühlen lassen. Und somit ist „Das Haus an der Herengracht“ definitiv ein Highlight, das heraussticht und an das ich noch lange werde denken müssen. Eine absolute Leseempfehlung für Freunde von ungewöhnlichen Historischen Romanen.