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mammutkeks Avatar

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Dass „Das Haus der Bücher und Schatten“ bereits der dritte Band einer Reihe ist, hat mich zwar beim Vielschreiber Kai Meyer nicht gewundert, aber ich wusste es vor der Lektüre nicht. Und dieses Nichtwissen hat meinen Lesefluss auch nicht wirklich gestört. Höchstwahrscheinlich wird durch die Kenntnis der ersten beiden Bände die private Fehde der Hauptfigur, Kommissar Cornelius Frey, mit dem NS-Parteifunktionär Schaller klarer, auch das Beziehungsgeflecht zwischen Cornelius, Dana und Felicie wäre sicherlich deutlicher.
Spannend ist die Verknüpfung der Ebenen – 1933 und 1913 – beides Jahre eines großen Umbruchs. Der Wechsel zwischen den Zeiten ist nicht regelmäßig und den Geschehnissen im Jahr 1933 wird ein größerer Raum zugesprochen. Dabei birgt die Geschichte im tief verschneiten Baltikum, in das die Lektorin Paula Engel gemeinsam mit ihrem Verlobten Jonathan reist, um einen ebenso erfolgreichen wie öffentlichkeitsscheuen Autoren zu besuchen, deutlich mehr an Spannung.
Die Geschichte um den zunächst entlassenen Cornelius Frey, der Zeuge eines Doppelmordes an einer jungen Frau und seines Ex-Kollegen wird, hatte für mich eigentlich mehr Potenzial, konnte dies jedoch nicht vollständig zeigen.
Während der Klappentext von der „Bücherstadt Leipzig, dem verlorenen graphischen Viertel und einem Labyrinth aus Literatur und Schatten“ spricht, kamen mir Bücher, die spezielle Situation im graphischen Viertel und die Literatur allgemein deutlich zu kurz. Die Handlung hätte meines Erachtens in jeder Stadt im Jahr 1933 spielen können – Büchergeschichten gibt es rund um die Reise von Paula und Jonathan ins Baltikum sowie im kurzfristigen „Nebenjob“ von Cornelius in der Deutschen Bücherei.
Einen Krimi habe ich von Kai Meyer bislang nicht gelesen – und mir gefällt er als Autor in dieser Rolle auch nicht so sehr. Der Kriminalfall ist für mich nicht wirklich gelungen – und der Kommissar zwar sympathisch gezeichnet, aber dennoch übergriffig. Die „Schauergeschichte“ rund um den Besuch im Baltikum traf da schon eher meinen Geschmack.
Erzählt wird atmosphärisch düster und sehr bildhaft, allerdings vielfach auch überladen. Der inhaltliche Switch kurz vor dem Ende hat mich eher verwirrt und bringt mich auch dazu, dem Roman, von dem ich mir deutlich mehr an Bücherliebe versprochen hatte, nur 3 Sterne zu geben.