Literarisches Denkmal für Blanche Peyron

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Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
In Paris steht ein Haus, das allen Frauen dieser Welt Zuflucht bietet. Auch der erfolgreichen Anwältin Solène, die nach einem Zusammenbruch ihr Leben in Frage stellt. Im »Haus der Frauen« schreibt sie nun im Auftrag der Bewohnerinnen Briefe - an die Ausländerbehörde, den zurückgelassenen Sohn in Guinea, den Geliebten - und erfährt das Glück des Zusammenhalts und die Magie dieses Hauses. Weil Solène anderen hilft, hat ihr Leben wieder einen Sinn. Doch wer war die Frau, die vor hundert Jahren allen Widerständen zum Trotz diesen Schutzort schuf? Solène beschließt, die Geschichte der Begründerin Blanche Peyron aufzuschreiben.


Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Laetitia Colombani wurde 1976 in Bordeaux geboren, sie ist Filmschauspielerin und Regisseurin. »Der Zopf« ist ihr erster Roman und steht seit Erscheinen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Die Filmrechte sind bereits vergeben, das Drehbuch hat Laetitia Colombani geschrieben. Die Autorin lebt in Paris.


Allgemeines
Titel der Originalausgabe: „Les Victorieuses“, ins Deutsche übersetzt von Claudia Marquardt
Erschienen am 26.02.2020 im Verlag S.FISCHER als HC mit 256 Seiten
Gliederung: Roman in 28 Kapiteln, jeweils ein „Gebet einer Schwester der Ordensgemeinschaft Töchter vom heiligen Kreuz“ dem Romantext vorangestellt und angehängt, Danksagung
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive Solènes und Blanches
Handlungsort und -zeit: Paris, in der Gegenwart (Solène) und 1925 bis 1933 (Blanche)


Inhalt
Nachdem die erfolgreiche Pariser Anwältin Solène aufgrund von Überarbeitung und eines traumatischen Erlebnisses depressiv und arbeitsunfähig geworden ist, legt ihr Therapeut ihr nahe, eine ehrenamtliche Tätigkeit aufzunehmen, um wieder einen Sinn in ihrem Leben zu finden. Sie entscheidet sich für eine Arbeit im „Haus der Frauen“ (Palais de la femme). In diesem riesigen Gebäude leben Hunderte von Frauen, die in Not geraten sind, wie z.B. ehemals Obdachlose und Flüchtlinge. Dort werden Menschen benötigt, die den Frauen bei Behördenangelegenheiten helfen, für sie Briefe schreiben und vorlesen.
Nach anfänglichen Einstiegsschwierigkeiten lernt Solène die Frauen und ihre unterschiedlichen Schicksale kennen, nicht nur die Bewohnerinnen des Hauses der Frauen profitieren von Solènes ehrenamtlicher Tätigkeit, sondern auch sie selbst entwickelt neue Perspektiven für ihr Leben.
Das besondere Interesse von Solène gehört der Persönlichkeit und dem Lebensweg der Frau, die das Haus der Frauen gründete, Blanche Peyron.


Beurteilung
Der Roman, dessen Handlung auf zwei Zeitebenen (Gegenwart und Anfang des 20. Jahrhunderts) spielt, setzt einer fast vergessenen Frau ein Denkmal: Blanche Peyron (1867 – 1933). Blanche und ihr Mann Albin waren äußerst engagierte Mitglieder der Heilsarmee, die sich für die Verbesserung der Lage sozial schwacher Menschen einsetzten. Blanche lagen besonders die in Not geratenen Frauen und Kinder am Herzen und mit ihrem größten, durch Spenden finanzierten Projekt, dem „Haus der Frauen“, gelang es ihr, vielen von ihnen eine Heimat und eine Zukunftsperspektive zu geben.
Die Autorin schildert in den Kapiteln, die sich mit Blanches Leben befassen, sehr eindringlich das Elend vieler Menschen in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Doch auch in der Gegenwart gibt es viele Menschen, die durch das soziale Netz fallen. Solène wirft bisher zum ersten Mal einen Blick in diese fremde Welt und versucht, im Kleinen zu helfen, wo sie es kann.
Der relativ kurze Roman verschafft dem Leser ein eindrückliches Bild von den Schattenseiten der Pariser Gesellschaft vor hundert Jahren und in der Gegenwart, dabei wird besonders das Lebenswerk der heute weitgehend „vergessenen“ Blanche Peyron gewürdigt.
Der Erzählstil ist flüssig und anschaulich, manchmal ein wenig zu gefühlvoll. Es fällt leicht, sich in die Persönlichkeit der Anwältin Solène hineinzuversetzen.


Fazit
Ein sehr berührender, lesenswerter Roman, der den Leser mit einer verdienstvollen – und zu Unrecht wenig bekannten - Frau bekanntmacht, der Generationen von Frauen viel zu verdanken haben!