Nimmt mich nicht mit

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Die Pariser Anwältin Solène verliert den Boden unter den Füßen, als sich ein Mandant nach einem verlorenen Prozeß vor ihren Augen umbringt. Auf Anraten eines Therapeuten engagiert sie sich ehrenamtlich in einem Frauenhaus als "öffentliche Schreiberin". Dieser Teil, der in der Gegenwart spielt, hat mir gut gefallen - schon nach wenigen Sätzen konnte man sich in die Gedankenwelt der Hauptfigur einfinden. Eindringlich schildert die Autorin unterschiedliche Frauenschicksale und scheut auch nicht davor zurück, gescheiterte Rettungsversuche zu erzählen.

Dagegen wurde ich mit dem zweiten Handlungsstrang nicht so richtig warm. Er berichtet von Blanche Peyron, einer hochrangigen Persönlichkeit der französischen Heilsarmee in den 1920er Jahren. Die Abschnitte, die ihr gewidmet sind, lesen sich teilweise wie ein Sachbuch, Struktur und Ziele der Heilsarmee werden dargestellt, aber nicht lebendig vermittelt. Da ich viele historische Romane lese, habe ich an die Darstellung von geschichtlichen Persönlichkeiten einen anderen Anspruch.
Gut fand ich die Rückblenden von Blanche, das war sehr interessant zu lesen, wie es Frauen damals erging. Über die Heilsarmee zu der Zeit wusste ich bis jetzt nichts, das war schön, es mal in einem Roman zu lesen. Auch war das Thema sehr aktuell. Die Frauen, die aus schwierigen Verhältnissen kommen. Das Misstrauen, das sie Soléne zu Beginn entgegen und Solenes Frust darüber. Doch auch hier, es berührte mich nicht sonderlich.

Einen richtigen Zusammenhang zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart außer dem Gebäude konnte ich nicht erkennen - die Sprünge zwischen den Zeiten erfolgen oft abrupt.
Die Idee dieses Buches ist großartig, das Thema spannend, der Erzählstil fesselnd. Leider verliert sich das Ganze am Ende im Kitsch. Daraus hätte man sehr viel mehr machen können.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass Laetitia Colombiani wieder ein Buch mit starken Frauen als Hauptfiguren gelungen ist, aber historische Romane sollte sie besser nicht schreiben.