Emotional und nachdenklich stimmend

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lesefee23.05 Avatar

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„Sie wollte alles, was er ihr zu geben hatte und es war ihr egal, welchen Preis sie dafür zahlen musste.“

„Das Haus der Sehnsucht“ ist ein Roman von Romina Gold.
Michelle verliebt sich in einen verheirateten Mann – Alex. Sie lässt sich auf eine Affäre mit ihm ein, von der sie weiß, dass sie ein Ablaufdatum haben wird, denn Alex wird niemals bereits sein, seinen Sohn zu verlassen… Als dann aber ein unvorhergesehenes Ereignis Michelles Leben aus den Fugen reißt, zieht sie sich von Alex zurück und kauft ein „Haus am See“. Weit weg von Alex möchte sie wieder zur Ruhe kommen und nachdenken. Wie soll es nun weitergehen und welche Rolle wird ihr attraktiver Nachbar Matt dabei spielen?

Ich lese viele Romane dieser Art, doch selten hat eine Liebesgeschichte so eine Saite in mir zum Klingen gebracht.
Entgegen aller Konventionen und Moralvorstellungen beginnt Michelle eine Affäre mit einem verheirateten Mann. „Wie kann man nur?“ und „So etwas tut man nicht!“, werden einige denken. Uns so sehe ich es auch. Trotzdem kann man sein Leben nicht an eine Beziehung opfern, die nicht (oder nicht mehr) das ist, was man sich wünscht. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, sondern viel dazwischen. Gefühle folgen keiner Verhaltensrichtlinie, sie sind irrational und unverständlich. Man kann sie selten lenken oder verdrängen. Man kann sie ignorieren, man kann an ihnen zerbrechen. Oder man kann sie – auch gegen die gesellschaftlichen und eigenen Moralvorstellungen zulassen, wenn sie alles sind, was man will.
Romina Gold greift in ihrem Roman ein Thema auf, dass wohl schon jeher DAS gesellschaftliche Thema ist, und heutzutage vermutlich aktueller denn je ist: Fremdgehen oder eben doch „nur“ Neuverlieben? Sie selbst berichtet in ihren Danksagungen von den Gedanken, die ihr während des Schreibens durch den Kopf gingen: „Soll man in einer lieblosen Beziehung ausharren? Wie weit gehen Verpflichtungen? Sind schweigen und davonlaufen wirklich eine Lösung?“. Und genau diese Gedanken wanderten während der gesamten Geschichte auch durch meinen Kopf. Ich habe das Buch verschlungen und mit Michelle gelacht, geweint und gehofft.
Sie geht die Affäre zu Alex nicht leichtfertig ein und auch Alex selber hegt Skrupel zu seinem eigenen Verhalten. Trotzdem ist er nicht in der Lage, einen Schlussstrich unter die Beziehung zu seiner Frau zu ziehen. Pflichtgefühl, gesellschaftliche Verbindlichkeiten und der gemeinsame Sohn hindern ihn daran. Seine Beziehung zu Clare ist zwar ein Scheinbild für die Öffentlichkeit, doch trotzdem hält er an dem Bild der perfekten Familie fest.
Während der Geschichte spiegeln die Gedanken und Handlungen der Hauptfiguren Alex und Michelle wieder und wieder ihren inneren Konflikt, ihre Zweifel, Sehnsüchte und Ängste wieder. Sie verlassen sich auf ihre Gefühle, denn beieinander fühlen sie sich geborgen, aufgehoben und verstanden. Durch die personale Erzählweise, die zwischen den Figuren des Buches wechselt, vermittelt die Autorin dem Leser jede Sichtweise auf die Affäre von Michelle und Alex und schafft es dadurch, alle Figuren authentisch darzustellen. Nebenbei gelingt es ihr zu zeigen, dass es – sogar bei einer Affäre – nicht nur schwarz und weiß gibt. Letztlich kommt es auf die Umstände und Motive an, auf den Umgang miteinander und auf den Umgang mit dem Partner. Ehrlichkeit ist das Maß der Dinge und am Ende auch das sein, an dem eine Beziehung oder eine Partnerschaft gemessen wird.
Michelle selbst macht eine riesige Entwicklung durch. Von der unsicher wirkenden, zurückgezogenen Schriftstellerin, verwandelt sie sich in eine selbstbewusste Frau, die ihre Probleme am Schopf packt und nach Lösungen sucht.

Mein Fazit: Ich habe den Roman verschlungen und geliebt. Vielleicht, weil ich das Thema als sehr präsent in der heutigen Gesellschaft sehe, zum Teil aber auch, weil ich mich schon selbst mit diesen Moralvorstellungen auseinandersetzen musste.
Ich denke, dass es sich immer lohnt für die wahre Liebe zu kämpfen und dass ein Neuanfang mit einem neuen Partner manchmal das einzig richtige für einen selber ist. Man darf dabei nicht nur egoistisch handeln, trotzdem ist man selber derjenige, der bis zu seinem Lebensende mit sich selbst zurechtkommen muss. Ein Leben auf einer Scheinbeziehung zu bauen, kann nicht das Ziel sein.
„Das Haus der Sehnsucht“ ist ein ehrlicher und charmanter Roman mit flüssigem Schreibstil, authentischen Figuren und einer fröhlichen, aber auch nachdenklichen Atmosphäre.
Ich vergebe 5 von 5 Sternen und freue mich auf weitere Romane von Romina Gold.