Düster und atmosphärisch

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lunama Avatar

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Eleanor besucht ihre Großmutter jeden Sonntag zum Abendessen.
Victoria Eleanor, wie sie eigentlich mit vollständigen Namen heißt, hat ein zwiespältiges Verhältnis zu ihrer Großmutter Vivianne, die nach dem frühen Tod von Eleanors Mutter die Mutterrolle für sie eingenommen hat.
Vivianne, die nicht Großmutter genannt werden will, ist sehr distanziert, fast unnahbar und dennoch spürt Eleanor, das sie von ihr geliebt wird. Da auch Eleanor Vivianne trotz allem liebt, aber ein gemeinsames Leben nicht möglich ist, werden auf Anraten von Eleanors Therapeutin diese festen Abendessen Termine vereinbart.

Als Eleanor nun außer der Reihe von einer ungewohnt aufgeregten und verstörten Vivianne mehrmals angerufen wird, macht sich Eleanor beunruhigt auf den Weg. An der Eingangstür zur Viviannes Wohnung wird Eleanor von jemand überrumpelt und findet dann ihre Großmutter ermordet auf dem Fußboden vor. Da Eleanor an Gesichtsblindheit leidet und sie sich Gesichter nur an gewissen Merkmalen einprägen kann oder auch auf die Stimme angewiesen ist, kann sie diese Person weder beschreiben noch zuordnen.

Monate später erfährt Eleanor, dass ihre Großmutter ihr einen großen Gutshof vererbt hat, von deren Existenz Eleanor jedoch nichts wusste. Neugierig und gleichzeitig ein wenig fassungslos macht sie sich mit ihrem Freund Sebastian auf den Weg, um das Gut Solhöga kennenzulernen. Dort treffen die beiden sich mit einem Notar und unerwartet auch auf Eleanors Tante Veronika.

Ich fand die düstere Atmosphäre auf dem Gutshof sehr gut eingefangen und der Schreibstil hat mir super gefallen! Eleanor, die sich nicht unterkriegen lässt und trotz allem ihren Weg geht, und auch die etwas eigen wirkende Veronika mochte ich sehr. Dagegen wirkte Sebastian ein wenig blass und teilweise kam er mir ziemlich überfordert vor, aber auch nicht unsympathisch.
Etwas geheimnisvolles und gruseliges zog sich durch die Geschichte. Durch den Schneesturm wurde das Ganze für mich noch verstärkt. Und auch die Angst, die Eleanor spürt und bekämpft, dieses diffuse Gefühl, dass noch jemand auf Solhöga ist, der sie beobachtet, habe ich regelrecht gespürt. Es beruhigt Eleanor auch nicht gerade, dass der Gutsverwalter Mats Bengtsson nicht aufzufinden ist, obwohl das Gut einen sehr gepflegten Eindruck macht. Ich fand das sehr mitreißend und spannend und gerade diese düstere, etwas ruhigere, aber irgendwie unheilvolle Grundstimmung hat mir sehr gut gefallen.

Die Geschichte wird abwechselnd aus zwei Perspektiven, von Eleanor und Annuschka, dem ehemaligen Hausmädchen von Solhöga, erzählt. Ich kann gar nicht sagen, welche ich besser fand, sie haben mich beide gefesselt! Gegenwart und Vergangenheit wechselten sich ab und im Laufe der Geschichte und gerade zum Ende hin geht es Schlag auf Schlag, so dass ich das Buch kaum noch aus der Hand legen wollte.
Das ganze Ausmaß der Familientragöde wurde mir so langsam klar, einiges hatte ich schon geahnt, einiges hat mich auch völlig überrascht.
Auch nach dem Beenden des Buches hallt diese tragische Familiengeschichte in mir nach und ich kann das tolle Buch nur empfehlen!