Düstere, atmosphärische Familiengeschichte mit kleineren Schwächen in der Umsetzung

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Das Cover zu Camilla Stens zweitem Thriller „Das Haus der stummen Toten“ ist schlicht und überwiegend in Grautönen gehalten, nur der Titel sticht sofort ins Auge. Es fügt sich gut in die düstere und unheilvolle Atmosphäre ein, die sich durch die gesamte Handlung dieses Thrillers zieht.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Eleanor, deren Großmutter Vivianne brutal ermordet wurde. Ein Ereignis, das sie völlig aus der Bahn wirft. Obwohl Eleanor die Person, die für den Tod ihrer Großmutter verantwortlich ist, gesehen hat, kann sie diese aufgrund ihrer Gesichtserkennungsschwäche nicht identifizieren. Einige Monate später erfährt sie, dass Vivianne ihr den Gutshof Solhöga vermacht hat. Ein Anwesen, das ihre Großmutter bisher mit keinem Wort erwähnt hatte. Um das Nachlassverzeichnis zu erstellen, treffen sich Eleanor, ihr Freund Sebastian, ihre Tante Veronika sowie der Notar auf dem abgelegenen Landsitz. Doch schon bald nach ihrer Ankunft ereignen sich dort unheimliche Dinge und Eleanor hat das beunruhigende Gefühl, dass sie nicht alleine auf Solhöga sind.

Die Handlung wird auf zwei verschiedenen Erzählebenen erzählt. Einerseits folgt man Eleanor und den anderen bei der Erkundung des verlassenen Gutshofs. Die Spannungen innerhalb der Gruppe treten im Laufe der Handlung immer deutlicher zu Tage und man fragt sich, wem man eigentlich noch trauen kann. Auch Eleanor ist sich aufgrund ihrer psychischen Instabilität nicht mehr sicher, ob sie sich auf ihre eigenen Beobachtungen und Sinneseindrücke verlassen kann. Die zweite Ebene spielt in den Jahren 1965 und 1966 und schildert die Erlebnisse der jungen Annuschka, eines Dienstmädchens auf Solhöga, das unter dem strengen Regiment der damaligen Hausherrin leiden muss.
Mit jedem Kapitel taucht man tiefer in die düstere Vergangenheit von Solhöga und damit auch in die Familiengeschichte von Eleanor, Vivianne und Annuschka ein. Camilla Sten gelingt es, eine unterschwellige Spannung aufzubauen, die sich durch das gesamte Buch zieht und mich über weite Strecken fesseln konnte. Ich hätte mir allerdings noch ein paar zusätzliche Schockmomente und insgesamt einen höheren Gruselfaktor gewünscht. Für einen Thriller ging es insbesondere im Mittelteil doch eher gemächlicher zu (insbesondere in den Kapitel aus Annuschkas Perspektive). Zudem war mir recht schnell klar, worauf die Geschichte letzten Endes wohl hinauslaufen würde, auch wenn ich nicht jede Einzelheit der Auflösung vorhergesehen habe.

Alles in allem hat Camilla Sten mit „Das Haus der stummen Toten“ einen soliden Thriller vorgelegt, bei dem mich das düstere, atmosphärische Setting und die ungewöhnlichen Protagonisten mit ihren Eigenheiten überzeugen konnten. Die Umsetzung offenbarte jedoch ein paar kleinere Schwächen und die Erzählung hätte insgesamt etwas mehr Thrill vertragen können. So vergebe ich gute 4 von 5 Sternen.