Ein Thriller, der sehr langsam beginnt, immer mehr an Fahrt aufnimmt und dann richtig spannend wird.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
rosecarie Avatar

Von

Als Eleanor an der Tür ihrer Großmutter klingelt, wird ihr von deren Mörder:in geöffnet. Sie kriegt gerade noch mit, wie ihre Großmutter ihre letzten Atemzüge tut und der Eindringling verschwindet. Der Polizei kann sie bei der Täterbeschreibung nicht helfen, denn Eleanor leidet an Prosopagnosie. Ihr Gehirn ist nicht in der Lage, Gesichter wiederzuerkennen. Es kann diese Informationen einfach nicht verarbeiten und so bleibt der Fall ungelöst.
Sie erbt das große Herrenhaus ihrer Großmutter und soll mit dem Nachlassverwalter, ihrem Freund und ihrer Tante alles regeln, um das Haus verkaufen zu können. Dann geschehen merkwürdige Dinge und gruselige Tatsachen kommen ans Licht. Was ist damals in dem Haus passiert und welche Geister der Vergangenheit scheinen die Gegend noch heimzusuchen?

Nachdem ich „Das Dorf der toten Seelen“ von der Autorin verschlungen hatte, war mir klar, dass ich Camilla Sten im Auge behalten muss! Als ich dann gesehen habe, dass ein neuer Thriller von ihr übersetzt wurde, musste ich natürlich sofort reinlesen.

Eleanor leidet also unter Prosopagnosie. Davon habe ich noch nie gehört. Für den Verlauf einer Geschichte ein spannendes Puzzleteil. Niemanden wiederzuerkennen… das muss schlimm sein… nicht nur für sie, auch für Familie und Freund:innen. Und es gibt ja wirklich viel Potential, Eleanor zu täuschen… Eine sehr spannende Prämisse für eine Gruselgeschichte. Ein vielversprechender Einstieg!

Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Die Dialoge sind ein bisschen hölzern, aber ich glaube, das liegt an Eleanors Persönlichkeit. Sie schien deutlich mehr Schwierigkeiten als „nur“ ihre Erkrankung zu haben. Wobei das sicherlich schon ausreicht, um Probleme in der sozialen Interaktion zu haben… Sie wirkte überängstlich und etwas unbeholfen in Gesprächen. Das machte sie aber sympathisch.

Wie durch die Kapitelüberschriften schon angekündigt, kommt noch eine zweite Perspektive hinzu, die die Geschichte in der Vergangenheit ergänzt. Über Anushka erfährt man nur sehr langsam immer mehr. Und es war lange nicht klar, was es mit ihrer Geschichte auf sich hat und was sie mit dem Handlungsstrang der Gegenwart zu tun haben könnte. Aber Stück für Stück erkennt man Zusammenhänge und die Puzzleteile setzen sich mehr und mehr zusammen.

Ich fand, es brauchte ziemlich lang, bis die Thrillerelemente wirklich etabliert wurden. Es fühlte sich lange sehr nach Familiendrama an und das hätte für meinen Geschmack alles etwas schneller gehen können, zumal die Atmosphäre durch das gruselige Herrenhaus ja problemlos gegeben war.

Die Geschichte wurde auch etwas konfus erzählt und ich glaube auch rückblickend, habe ich nicht alles so hundert Prozent verstanden. Um sich zu gruseln und mitzufiebern, hat es aber gereicht! Es geschehen merkwürdige, nervenaufreibende und unerklärliche Dinge, die bis zuletzt spannend blieben. Die Auflösung fand ich richtig gut, hat alles zufriedenstellend erklärt, auch wenn die einen oder anderen Fragen für mich schon noch unbeantwortet blieben.

Ihr erstes Buch mochte ich ein bisschen lieber, weil es schon von der ersten Seite an packend und mitreißend war. Da hat dieser Thriller ein bisschen länger gebraucht, bis er wirklich in die Gänge gekommen ist. Insgesamt aber ein spannender und fesselnder Thriller, der mich überzeugen konnte.