Meine neue „Gruselqueen“?

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„Das Haus der stummen Toten“ ist Camilla Stens zweiter Thriller und sie könnte sich zu einer meiner neuen Lieblingsautorinnen dieses Genres entwickeln. Warum?

Von ihrer Großmutter Vivianne gedrängt, macht Eleanor sich auf den Weg zu ihr nach Gut Solhöga, wo sie Vivianne ermordet auffindet. Den Mörder, der noch im Haus ist, sieht sie zwar, erkennt ihn wegen ihrer Gesichtsblindheit aber nicht, weshalb der Täter nicht gefasst wird. Als sie später mit ihrem Freund Sebastian zur Klärung von Erbschaftsfragen auf das ihr vererbte Gut kommt, geschehen seltsame Dinge, dort scheint jemand sich versteckt zu halten …

Mit dieser Geschichte beweist Sten einmal mehr, dass sie meine neue „Gruselqueen“ sein könnte. Zwar könnte man sagen, dass vieles in der Geschichte einem bekannten Muster folgt, aber das ist für Gruselkrimis wohl ein Stückweit vonnöten. Mit dem abgelegenen Gut der Großmutter ist der erste Bestandteil da: In der Einsamkeit ist man weniger abgelenkt, achtet mehr auf Kleinigkeiten, Geräusche, macht sich vielleicht selbst ein wenig verrückt; streckenweise spielt die Handlung im Winter: es ist dunkel, die Atmosphäre ist teils beklemmend. Dazu passt es dann hervorragend, dass die Protagonistin eine Art Krankheit hat, die das noch befeuern dürfte: Niemanden wiederzuerkennen macht ein normales Leben vermutlich unmöglich bzw. liefert einen anderen Menschen relativ schutzlos aus. Zugleich wird man von manchem aber auch nicht für voll genommen, etwa von Polizisten, also denen, auf die man sich gerade in Eleanors Lage unbedingt verlassen können müsste. Wie schon in ihrem ersten Buch wahrt Sten aber eine gewisse Distanz zu ihren Figuren, sodass sie den Leser im Unklaren lässt, wem man trauen kann. Ein weiterer Baustein ist die Erzählweise: Die Sprache ist einfach gehalten, wohl um das Tempo zu erhöhen und es gibt zwei Handlungsstränge bzw. Erzählperspektiven, nämlich einmal Eleanors Sicht und Zeit und einen zeitlich früher liegenden in den 1960er Jahren. Sten verschränkt die Handlungsstränge zwar immer mehr, doch erst gegen Ende führt sie diese zusammen und löst die Zusammenhänge auf. Dieses Vorgehen ist für mich fast immer ein Garant für Spannung und auch hier geht das auf, nachdem die Geschichte Fahrt aufgenommen hat. Das Ende „hakelt“ zwar ein wenig, aber insgesamt ist „Das Haus der stummen Toten“ eine düstere Geschichte mit gruseligen Elementen, die wegen der geschickt geschaffenen beklemmenden Stimmung wegen aufgeht. Wer dieses Genre mag, wird gut unterhalten werden.