Von Gesichtsblindheit und Geheimnissen der Vergangenheit

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justm. Avatar

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Eleanor hat Prosopagnosie. Eine Diagnose mit der sie sich mehr oder weniger abgefunden hat; hat sie doch ihre eigenen Mittel und Wege, um Menschen wiederzuerkennen.
Als wirkliches Problem stellt sich die Gesichtsblindheit erst heraus, als sie dem Mörder ihrer Großmutter regelrecht in die Arme läuft, aber eben weder erkennt, noch wohl jemals wiedererkennen werden wird.
Nachdem sich später herausstellt, daß die Großmutter ein Anwesen besaß, von dem Eleanor noch nie etwas gehört hat, ist ihre Neugier geweckt. Nur, was hat es mit dem Haus wirklich auf sich? Und welche Geheimnisse hatte die Großmutter noch?


Camilla Sten ist mit "Das Haus der stummen Toten" ein wirklich gelungener Kriminal-Roman gelungen. Nicht nur, daß die Diagnose der Protagonistin noch nicht in hunderten anderer Bücher "verarbeitet" wurde und damit zumindest im Ansatz neuartig scheint, nein, sie sorgt hier für einen ganz eigenen Twist, wenn es um die Aufklärung des Mordes geht.

Dazu läßt Sten auf 416 Seiten, auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen, zwei ganz unterschiedliche Erzählerinnen zu Wort kommen, deren Geschichten am Ende aber ein gemeinsames Ganzes ergeben und alle Zusammenhänge aufzeigen.
Während ich diese unterschiedlichen Erzählstränge oftmals als nervig empfinde, so sind sie hier, meiner Meinung nach, wirklich geschickt miteinander verwoben worden.

Was, sobald man mit Eleanor beim Anwesen angekommen ist, ein wenig wie eine Geschichte Agatha Christies daherkommt, schafft es im weiteren Verlauf ein ungutes Magengefühl bei den Leser*innen heraufzubeschwören, denn niemand scheint hier der zu sein, für den man ihn zunächst hält.
Immer wenn man denkt, man weiß, wer denn nun wer ist, hat man wenig später wieder das Gefühl auf dem Holzweg zu sein.

Dazu kommt, daß das ganze Buch durch mehrere Mutter-Tochter-Konflikte gezeichnet ist, die ihrerseits für Spannung und eine Art psychologischen Rahmen sorgen, in dem Handlungsstränge und Geschichte eingebettet wurden.

Insgesamt ein durchaus gelungenes Buch, daß mich bis zum Schluß fesseln konnte. Und das, obwohl das Ende dann doch nicht so überraschend war, wie vielleicht geplant.

Dennoch: Eine ganz klare Lese-Empfehlung für alle Krimi-Fans!