Ein besonderes Jahr

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
liesmal Avatar

Von

Die 15-jährige Pearl ist vor einiger Zeit mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater in ein größeres, allerdings renovierungsbedürftiges Haus gezogen, weil die Mutter ein Baby bekommt, eine Schwester für Pearl.
„Man sieht sich!“ Das sind die letzten Worte, die Pearl zu ihrer Mutter sagt, bevor sie mit ihrer Freundin Molly ins Kino geht - und plötzlich ist nichts mehr, wie es war, denn die Mutter stirbt bei der vorzeitigen Geburt des Babys. Zwei Stunden später ist sie im Krankenhaus, sieht das Baby im Brutkasten und muss daran denken, dass die Neugeborenen ihrer Katze wie kleine Ratten aussahen. Seit dem Moment ist ihre Schwester Rose für sie „die Ratte“.
Pearl ist verzweifelt und wütend, gibt dem Baby die Schuld am Tod der Mutter und will auch nicht mit ins Krankenhaus, um es zu besuchen. Ihren Vater, der sie doch immer geliebt hat wie ein eigenes Kind, verletzt sie mit Worten. Sie glaubt, dass er jetzt nur noch Rose liebt. Jede Annäherung seinerseits weist sie grob zurück.
Auch von ihrer besten Freundin Molly will Pearl nichts mehr wissen. Molly ist sehr einfühlsam und hat großes Verständnis für Pearls Situation und auch dafür, dass sie immer wieder zurückgewiesen wird. Sie gibt die Versuche nicht auf, an ihre Freundin heranzukommen, auch wenn Pearl sich immer weiter zurückzieht.
Die erste „Begegnung“ mit ihrer Mutter nach deren Tod hat Pearl nach der Trauerfeier in der Kirche. Dort sieht sie ihre Mutter, rauchend, in der letzten Reihe. Sie unterhalten sich miteinander, und obwohl Pearl weiß, dass es nicht sein kann, wagt sie nicht, sich zu rühren, aus Angst, ihre Mum könnte dann verschwunden sein.
In zwölf Kapiteln erlebt der Leser das Jahr, wie Pearl es nach dem Tod ihrer Mutter "erlebt", obwohl sie kaum noch lebt. Ich habe mit ihr gefühlt und gelitten, habe aber auch gehofft, dass sie aus ihrer Isolation herausfindet, dass sie erkennt, dass Schuldzuweisungen ihr nicht helfen. dass sie spürt, dass nicht alles so ist, wie es manchmal scheint, und dass sie merkt, dass es Menschen um sie herum gibt, die sie wirklich mögen und lieben. Ganz besonders habe ich darauf gewartet und gehofft, dass aus der „Ratte“ für Pearl eine kleine Rose wird.
Ich habe mich gut in die Geschichte und alle Beteiligten hineinversetzen können. Das Buch ist sehr empfehlenswert, auch für erwachsene Leser.
Die Aufmachung: unverkennbar HANSER
Nach dem Lesen der Geschichte habe ich die Verbindung zum Cover gesucht:
Die Eierschale im Mittelpunkt ist leer – ebenso leer, wie es in Pearl aussieht, die jetzt auch keine Schwester möchte.
Die Buchstaben im Namen der Autorin und des Titels sehen aus, wie mit einer Schreibmaschine geschrieben, deren Segment so „ausgeleiert“ ist, dass die Buchstaben nur noch kreuz und quer stehen können, und deren Typen verschmutzt sind und dringend einer Reinigung bedürfen – ebenso „kreuz und quer“ sieht es im Inneren von Pearl aus und es bedarf einer vorsichtigen „Wartung“, bis die Gedanken zurückfinden in das Leben, das wieder in einer guten Bahn verläuft.