Pearl und die Ratte

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murksy Avatar

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Die heile Welt zerbricht, als die Mutter stirbt. Und daran ist nur das neue Baby schuld, Rose. Doch für Pearl ist es nur die "Ratte". Außerdem gibt sie auch ihrem Stiefvater Schuld. Wieso mussten sie noch ein Kind bekommen? Es war doch alles gut. Jetzt hat Pearl niemanden mehr. Ihr wird alles egal, Schule, Freunde, Familie. Während der Vater ins Krankenhaus geht und sich Sorgen um den Säugling macht, bleibt Pearl zuhause. Weder die Nachbarin noch die beste Freundin können daran etwas ändern. Ganz im Gegenteil, Pearl fühlt sich verraten. Das einzige, was ihr hilft, ist ihre tote Mutter, die sie besucht. Ob eingebildet oder nicht, das gehört nur Pearl. Als eines Tages das kleine Kind mit nach Hause darf, hasst Pearl ihren "Vater" noch mehr. Er scheint nur noch Zeit für die Ratte zu haben. Pearl soll sich um das Kind kümmern, was beinahe in einer Katastrophe endet. Als letzten Ausweg sieht der überforderte Vater nur die Möglichkeit, Oma zu bitten, ihm zu helfen. Doch die hat sich mit der Mutter nie verstanden, umso mehr rebelliert Pearl. Doch ein Junge aus der Nachbarschaft und die Suche nach ihrem richtigen Vater bringen Pearl langsam wieder zurück ins Leben.
Vorneweg, als Kinderbuch würde ich die Geschichte nicht vermarkten. Die empfohlenen 14 Jahre sind angebracht, handelt es sich doch um ein sehr tiefgehendes Thema. Das Buch behandelt wunderbar treffend die Welt der Pearl, die plötzlich von dem schmerzhaftesten Verlust zerrissen wird. Schuld, Hass, Verlorensein und die Selbstfindung eines Teenagers werden wunderbar beschrieben. Wie finde ich meine eigene Identität? Wie vergebe ich? Wie gehe ich mit Trauer um? Viele Ansatzpunkte, die scheinbar locker leicht behandelt werden, aber doch so feinsinnig aufgegriffen werden, dass das Buch zu einem wahren Schatz wird. Das Spiel mit der immer wieder erscheinenden Mutter ermöglicht es der Autorin, die Gefühle der Pearl plastisch darzustellen. Die Mutter als Rettungsanker und Fluchtpunkt. Pearl wird mit ihren Gefühlen alleine nicht fertig, sucht Halt und projeziert ihre Verzweiflung auf jeden, der ihr zu nahe kommt. Auch der Vater ist heillos überfordert, dringt nicht zu seiner Tochter durch und scheint zu kapitulieren. Erst mit der Zeit lernt Pearl, was es heißt, zu vergeben. Jeder hat seine Fehler, sogar die tote Mutter war nicht frei davon. Mit Liebe und Geduld übersteht Pearl ihre Krise, wird ein Stück erwachsen und kann ihren Weg fortsetzen.
Geschickt werden verschiedene Themen des Erwachsenenwerdens aufgegriffen und ohne Kitsch wunderbar zu einem Buch verwoben, das mitnimmt und berührt, ohne klischeehaft zu sein.
Absolut empfehlenswertes Jugendbuch.