Auf der Suche nach der Heimat

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mammutkeks Avatar

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Vorweg sei gesagt, dass ich den Titel des Buches nicht verstehe und ihn auch nicht mit dem Gelesenen in Einklang bringen kann. „Ein Jahr ohne Sommer“ – wo doch viele Sommer beschrieben werden, in denen die Ich-Erzählerin ihre Ferien im „sozialistischen Ausland“ verbringt, um dort ihre Großmutter zu treffen.
Doch beginnen wir am Anfang: Die kurze Erzählung beginnt mit den Erinnerungen eines dreijährigen Mädchens an die misslungene Flucht der Eltern aus Leipzig in den Westen. Sie selbst kommt zunächst ins Heim, anschließend lebt sie bei den Großeltern, während die Eltern im Gefängnis sind. Diese werden „freigekauft“ und gelangen in den Westen – und zwar so richtig: Nach Aachen, die beinahe westlichste Stadt der BRD. Auch die namenlose Ich-Erzählerin kommt mit sechs Jahren nach Aachen.
Im Anschluss werden aus der Perspektive des Mädchens in chronologischer Abfolge die Ereignisse bis zum Mauerfall geschildert – ziemlich ruhig und emotionslos werden Probleme mit der neuen Heimat, mit der rheinischen Art und dem Zusammenleben und -arbeiten geschildert. Angesichts der Tatsache, dass der Roman nur gut 180 Seiten umfasst, ist klar, dass es keine ausführliche Beschreibung gibt, sondern nur Flashlights gesetzt werden.
Eine wiederkehrende Geschichte ist das schon erwähnte Treffen mit der Großmutter, die in Leipzig verblieben ist, in der Tschechoslowakei oder in Ungarn. Wiederkehrend ist auch die Klage der Mutter über die Gefängnisstrafe, in deren Folge sie nicht mehr Geige spielen kann.
Die Sätze von Constanze Neumann sind einfach und kurz gehalten – Emotionen finden sich nur selten und der Tiefgang ist auch gering. Nichtsdestotrotz ist es eine ganz angenehme Lektüre, die für mich als Zeitzeugin jedoch nur wenig Neues gebracht hat. Aber es wird deutlich, dass es für Neumann wichtig war, sich mit diesem Teil ihrer Biografie auseinanderzusetzen.