Zu nah und dann weit weg

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owenmeany Avatar

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Knapp und emotionsarm berichtet das Kind aus seiner Sicht die Vorgänge um die geplante Flucht, die Inhaftierung und schließlich die Übersiedelung in den Westen. Die reinen Fakten sprechen für sich, die Leser können sich ihr Teil schon denken. In diesem lakonischen Tonfall derartig haarsträubende Fakten zu vernehmen hat mich sehr berührt. Constanze Neumann wählt dafür einen unprätentiösen, schlichten Stil, der dabei aber gar nicht primitiv ist, sondern gerade dadurch besonders ausdrucksvoll. Mühelos konnte ich mich in das unbenannte Mädchen hineinversetzen.

Im Laufe der Zeit kommt die Familie im Westen zu etwas Wohlstand und kann sich sogar Auslandsreisen leisten. Dennoch ist der musikalisch hochqualifizierte Vater unter seinem Niveau als Leiter einer städtischen Musikschule beschäftigt, was der Famlie wirtschaftliche Sicherheit verleiht. Aufgrund ihrer während der Haft im DDR-Gefängnis ruinierten Gesundheit kann die Mutter nicht mehr als Geigerin auftreten. Die mentale Unterstützung der Tochter, die ja in früher Kindheit ebenfalls entwurzelt wurde, hält sich umständehalber in Grenzen, und es ergreift mich zutiefst, wie die heranreifende Jugendliche mit den Widrigkeiten des Kulturschocks und der Außenseiterposition klarkommen muss.

Die Zeitumstände beschreibt Neumann auf angenehme Weise subjektiv, so dass sie gleichzeitig glaubwürdig und transparent erscheinen.