Ein gelungener Trilogie-Auftakt (Pilger-Reihe)

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kaddelkatja Avatar

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Historische Romane lese ich mittlerweile eher selten, aber wenn, dann greife ich in der Regel sehr gerne zu den Büchern von Petra Schier, da ich mit ihrem Schreibstil immer wunderbar zurecht komme.

In diesem ersten Band lernen wir Reinhild als weibliche Protagonistin kennen. Sie befindet sich mit ihrem Ehemann Gottfried auf Reisen und der kleine Sohn Hannes ist zu Hause in Koblenz geblieben. Die Kolonne von Handelsreisenden, der sich das Ehepaar angeschlossen hat, wird überfallen und leider überlebt Gottfried diese Aktion nicht. Zufällig werden Palmiro und Conlin, die sich auf Pilgerfahrt befinden und Freunde aus Kindertagen von Gottfried sind, Zeugen des Überfalls.
Reinhild als junge Witwe steht nun vor einigen Herausforderungen, die sie im Jahr 1379 bewerkstelligen muss. Neben ihrer Trauer muss sie sich behaupten, aber auch Geheimnisse bewahren, die nicht aufgedeckt werden dürfen.
Palmiro erweist sich in dieser schweren Zeit als sehr guter Freund und ist auch sehr geschäftstüchtig. Conlin, der eher ein Luftikus bislang gewesen ist, hilft seiner Familie, die in Schwierigkeiten geraten ist und zeigt das erste Mal in seinem Leben Pflichtbewußtsein. Und dann sind dann auch noch diese Gefühle, die Reinhild und Conlin, zueinander entwickeln...

Meinung:

Der Anfang der Geschichte (Überfall) ist schon sehr rasant und wirft den Leser mitten ins Geschehen. Erschrocken war ich tatsächlich, als dann die erste wichtige Figur nach den ersten Seiten stirbt – kein Spoiler, steht auch auf dem Klappentext!

Der Schreibstil der Autorin war wieder sehr angenehm. Durch die etwas angehauchte alte Ausdrucksweise musste ich mich sehr konzentrieren beim Lesen, so dass die Seiten nicht so dahin flogen wie in meinen bevorzugten Genres.

Die Charaktere wurden schön ausgearbeitet und ich konnte mir alle bildlich vorstellen und einige Dialoge/Szenen habe ich vor meinem inneren Auge abspielen sehen.
Bewundernswert finde ich, wie gut recherchiert Petra Schier auch in diesem Roman wieder ans Werk gegangen ist; ein Grund, warum ich ihre Bücher sehr gerne lese. Es werden auch solche „schwierigen“ Themen wie Kinderprostitution, Homosexualität und Vergewaltigung stimmig eingewoben.

Wie ein roter Faden zieht sich durch die ganzen Verwicklungen der Protagonisten untereinander die Hintergrundgeschichte vom Kreuz des Pilgers (mystische Reliquie).
Schön fand ich auch, der Apothekertochter Adelina (eine andere Reihe von Petra Schier) zu begegnen und ich musste sehr schmunzeln.

Das Cover ist sehr gut ausgewählt und deutet auf dem ersten Blick aufs richtige Genre (Historischer Roman) hin.

Ich möchte hier auch ein Zitat aus dem Buch anführen, dass ich sehr schön finde (Seite 464):
„Was ist die Liebe, wenn sie tief im Herzen eingeschlossen bleiben muss? Was ist sie, wenn sie nicht gezeigt, gefühlt, geteilt und gelebt werden darf?“
Bei diesen Zeilen musste ich schon sehr schlucken, da sie auch in einem sehr emotionalen Moment/Dialog ausgesprochen werden.

Da ich schon einige Bücher der Schriftstellerin verschlungen habe, habe ich im Vergleich in Das Kreuz des Pilgers schwerer hineingefunden. Vielleicht waren es auch einfach zu viele Nebenfiguren für mich, bei denen ich manchmal überlegen musste, wer zu wem gehört (auch wenn die Autorin eine ausführliche Charakterliste/Namensregister zur Verfügung stellt).

Ich habe mich allerdings sehr gut unterhalten gefühlt, als ich dann in die Geschichte richtig eintauchen konnte und ich fand die informative Schilderung wie immer sehr ansprechend. Ich werde auf jeden Fall die anderen beiden Bücher der Pilger-Trilogie noch lesen (Band 2 soll im August 2022 veröffentlicht werden).

Fazit:
Für diesen Reihenauftakt kann ich eine Leseempfehlung aussprechen und vergebe sehr gerne 4/5 Sterne ****