En vergessener Mäzen

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Fast jeder kennt die Büste der Nofretete, die 1924 erstmals im ägyptischen Museum der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Doch kaum jemand kennt heute noch den jüdischen Textilfabrikanten James Simon, der als Kunstmäzen in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Kunstszene Berlins geprägt hat wie kaum ein anderer. Stefanie Gerhold holt mit ihrem ersten Roman „Das Lächeln der Königin“ nun diesen Mann, ohne den die Berliner Museumsszene heute deutlich ärmer wäre, zurück ins Licht der Öffentlichkeit. Und diese Würdigung hat der Philanthrop James Simon, der Armen- und Waisenhäuser unterstützte und seine Sammlung an Renaissance-Kunst dem König-Wilhelm-Museum (heute Bode-Museum) als Schenkung überließ, längst verdient.

Dass die Nofretete heute in Berlin zu sehen ist, ist nicht selbstverständlich, stritten sich damals doch England (das Besatzungsmacht in Ägypten war), Frankreich (das den ägyptischen Antikendienst, den „Service d’Antiquités Égyptiennes“, leitete und Deutschland, das die Grabungsleitung bei der archäologischen Expedition innehatte, um die Büste. Bezeichnenderweise kam keiner der Streithähne auf die Idee, dass die Büste eigentlich Ägypten gehört.

„Das Lächeln der Königin“ ist eine Liebeserklärung an die Kunst, eine Würdigung des Mäzens James Simon, der nach der Machtergreifung der Nazis trotz seiner Verdienste gezielt aus dem Gedächtnis Berlins gestrichen wurde (was er nicht mehr erleben musste, da er 1932 verstarb) und nicht zuletzt ein Porträt der jüdischen Gesellschaft in Berlin und Deutschland, die maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung Deutschlands als Kulturnation im Kaiserreich und der Weimarer Republik hatte. Dabei hält sich die Autorin weitestgehend an die bekannten Fakten und fühlt lediglich die Leerstellen der Geschichte mit fiktionalen Szenen.

Teilweise hat „Das Lächeln der Königin“ einen reportagehaften, fast an ein Sachbuch erinnernden Stil, insgesamt ist das Buch aber gut lesbar. Wer mehr über den Mann, der die Nofretete nach Berlin gebracht hat, erfahren möchte, liegt hier richtig.