Faszinierender historischer Roman über einen Schicksalsfund

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MEINE MEINUNG
In ihrem literarischen Debüt „Das Lächeln der Königin“ erzählt die deutsche Autorin Stefanie Gerhold die spannende Geschichte rund um die Entdeckung der berühmten Nofretete-Büste im ägyptischen Tell el-Amarna. In ihrem historischen Roman widmet sie sich eingehend ihrem weiteren Schicksal, das eng verknüpft mit den politischen Verwicklungen jener bewegten Zeit und der deutschen Vergangenheit ist.
Bis heute gehört die prachtvolle Büste der Königin Nofretete im Neuen Museum, die auch nach dreieinhalbtausend Jahren erstaunlich gut erhalten ist, zu den bekanntesten Exponaten der Berliner Museumsinsel und begeistert mit ihrer Eleganz, Vollkommenheit und Schönheit die Menschen. Vor genau 100 Jahren wurde die faszinierende Büste zum ersten Mal in Berlin öffentlich ausgestellt – ein schöner Anlass sich mit eingehender mit ihr zu befassen!
Wie man den im Anhang angehängten, umfangreichen Literaturquellen entnehmen kann, hat sie sich die Autorin sehr intensiv mit der beschäftigt und sorgsam viele historische Details recherchiert. Aus den überlieferten Korrespondenzen und historischen Fakten hat die Autorin in ihren feinfühlig erzählten Roman eine stimmige „fiktive Rekonstruktion“ erstellt, die sehr anschaulich die damaligen Geschehnisse - einbettet in ein schönes Zeitkolorit - nachzeichnet. Darüber hinaus erhalten wir aufschlussreiche Einblicke in die möglichen Beweggründe der beteiligten Persönlichkeiten.
So tauchen wir ein in eine ereignisreiche Geschichte über atemberaubende archäologische Funde in der Blüte der Altertumswissenschaften, persönlichen Intrigen und politischen Machtspielen sowie über selbstlose Wohltäter, besessene Forscher im kolonialen Grabungsrausch und skrupellose Opportunisten.
Angesiedelt ist die in zwei Teile untergliederte Geschichte in Berlin zu Beginn des letzten Jahrhunderts, in deren Mittelpunkt der erfolgreiche jüdische Textilunternehmer und Finanzier der archäologischen Grabungen James Simon steht.
Stefanie Gerhold ist es in sehr eindrucksvollen Episoden gelungen, bedeutsame Stationen im bewegten Leben dieses interessanten Charakters voller Ambitionen, Willensstärke und Leidenschaft für die Künste einzufangen, der für Berlin durch Gründung sozialer Einrichtungen und großzügiger Spenden Kunstschätzen an Museen unglaublich viel getan hat. Gerold zeichnet ein facettenreiches, glaubwürdiges Portrait seiner Persönlichkeit und seiner Stellung in der Berliner Gesellschaft. Gekonnt beleuchtet die Autorin auch die möglichen persönlichen Hintergründe für Simon selbstloses Handeln. Hautnah erleben wir seinen wirtschaftlichen Niedergang nach dem Ersten Weltkrieg und zunehmende antisemitische Anfeindungen gegenüber dem jüdischen Bürgertum mit bis hin schließlich zu seiner Verarmung und gänzlichen Bedeutungslosigkeit angesichts nationalistischer und antisemitischer Propaganda.
Zudem geht Gerhold auf die recht umstrittenen Umstände, unter denen die Büste der Nofretete Deutschland zugesprochen wurde, Streitigkeiten um ihren Verbleib und die immer wieder aufgebrachten Rückgabeforderungen ein.
Im Epilog erhalten wir schließlich zur Abrundung noch einen knappen Abriss über die weiteren Geschehnisse rund um die Büste der Nofretete und die persönliche Schicksale der Charaktere.

FAZIT
Ein interessanter Roman über die zeitlos schöne Nofretete-Büste, Hintergründe zu ihrer Ausgrabung und ihr Schicksal in höchst bewegten Zeiten! Eine abwechslungsreich erzählte und gut recherchierte Geschichte!