Lesenswerter Auftakt zur Südtirol-Saga

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„Eine Nacht mag noch so trostlos und finster sein, am nächsten Morgen geht doch die Sonne wieder auf.“ (kindle, Pos. 3583)

Franni, Franziska Bruggmoser, ist eben erst von ihrer Ausbildung zur Lehrerin aus Innsbruck auf den Familienhof nahe Meran zurückgekehrt, da mehren sich die Anzeichen, dass Südtirol sich anpassen muss. Familie Bruggmoser hat ab sofort den Namen Ponte zu tragen, Schulunterricht findet auf Italienisch statt, Deutsch oder gar Ladinisch werden generell immer weniger akzeptiert. Somit darf Franziska nicht unterrichten. Der Erste Weltkrieg hat aber nicht nur diese Veränderungen hervorgerufen, nein, auf den Bruggmoser-Hof sind zwei Söhne gar nicht mehr zurückgekehrt aus dem Krieg, von den anderen beiden möchte einer Ingenieur werden, der Älteste verliert sich im Alkohol. Während Familienvater Ludwig möglichst nicht auffallen will und beginnt, sich zu fügen, sträuben sich Franziska und der Knecht Wilhelm gegen die Zwänge. Die jahrhundertealte Tradition der Viehwirtschaft auf dem Bauernhof droht dem Ende zuzugehen.

Mit frühlingshaften weißen Kirschblüten, dem Plätschern der Passer und in der Nase kitzelnden Sonnenstrahlen beginnt Anna Thaler sehr harmonisch diesen wunderbaren Roman. Leider ist die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg nicht ganz so friedvoll und leichtfüßig wie die Natur, so meint es das Schicksal nicht so gut mit der Familie Bruggmoser.

Flüssig und mit vielen Landschaftsbildern dekoriert schildert die Autorin auf etwa 350 kurzweiligen Seiten das Leben Franziskas und dem ihrer Gefährten am bewährten Hof, beschreibt eingängig die überschaubare Schar an Figuren (die zusätzlich sehr übersichtlich in einer eigenen Auflistung genannt werden) und versetzt den Leser in die Jahre 1925 – 1928 zurück. Durch detailreiche Recherche wird die Zeit des damaligen Südtirol in verschiedensten Facetten wieder lebendig, werden unbeschwerte Momente ebenso erwähnt wie die Schwierigkeiten der Juden und der strikten Kontrollen des deutschsprachigen Volkes durch die unerbittlichen Carabinieri. Auch wenn die Handlung oftmals ausschweifend ist oder nur ruhig dahingleitet, so wird dieser Roman dennoch niemals langweilig, durch viele liebevolle Details lernen wir Land und Leute sehr genau kennen, stellen uns vielleicht vor, wie wir selbst in der ein oder anderen Situation reagiert hätten und fühlen Verständnis, wenn uns eine Vorgehensweise komisch vorkommt.

Dieser erste Band ist jedenfalls absolut gelungen und lässt mit Spannung auf die baldige Fortsetzung mit „Der Duft von Erde nach dem Regen“ hoffen. Leseempfehlung!



Titel Das Land, von dem wir träumen

Autor Anna Thaler

ISBN 978-3-426-52783-2

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 352 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 1. April 2022

Reihe Die Südtirol-Saga, Band 1

Verlag Knaur