Lesenswerter Einblick in Leben und Gesellschaft im Berlin der 1920er Jahre!

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Inhalt
Nachdem die Ärztin Magda Fuchs unter tragischen Umständen ihren Mann verloren hat, verlässt sie ihre Heimatstadt Hildesheim und nimmt in Berlin eine Anstellung als Polizeiärztin an. Dort gehört die regelmäßige Untersuchung von Prostituierten zu ihren Aufgaben, im Zuge ihrer Arbeit bekommt sie Einblick in die Lebensumstände armer Familien, in denen oft Gewalt an der Tagesordnung ist, worunter besonders die Kinder leiden.
Celia von Liebenau ist die Tochter von Magdas Pensionswirtin, sie wurde von ihrer Mutter noch vor ihrer Volljährigkeit mit einem wohlhabenden, aber ungeliebten Mann verheiratet, obwohl sie sich immer gewünscht hatte, Medizin zu studieren wie ihr Vater.
In der Pension wohnt auch die junge Doris Kaufmann, die als Verkäuferin arbeitet und davon träumt, berühmt zu werden. Für bestimmte Männer ist das gutgläubige Mädchen eine leichte Beute.
Ruth Jessen ist eine Anwältin, die von Celia damit beauftragt wird, diese aus ihrer aufgezwungenen Ehe zu befreien, sie ist eine äußerst unkonventionelle Frau.


Beurteilung
Der erste Band der Trilogie „Die Polizeiärztin“ schildert das Leben und die Gesellschaft in Berlin zu Beginn der 1920er Jahre. Während die einfachen Menschen in prekären Verhältnissen hausen, häusliche Gewalt und Hunger an der Tagesordnung sind und Kinder nicht selten verwahrlosen, genießt die wohlhabendere Schicht nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ihr Leben in vollen Zügen und lässt es sich in Restaurants und Tanzlokalen gut gehen. Die Frauen haben sich seit den Kriegsjahren bisher ungekannte Freiheiten erkämpft, sie sind häufig berufstätig und studieren. Sie bewegen sich zwischen traditionellen Moralanschauungen und einem zunehmend selbstbestimmten Leben. Anhand der vier weiblichen Protagonisten erhält der Leser einen guten Einblick in das Leben von Frauen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten. Am intensivsten wird dabei auf das Leben der Polizeiärztin Magda und der unwilligen Ehefrau Celia eingegangen. Magda trifft bei ihrer Arbeit immer wieder auf vernachlässigte Kinder, die – oft nach Straftaten in ihrer Familie – zu Pflegemüttern/Pflegeeltern gebracht oder der öffentlichen Fürsorge übergeben werden. Die Ärztin fühlt sich diesen Kindern gegenüber verpflichtet, gemeinsam mit der Fürsorgerin Ina versucht sie, für die Kinder eine sichere Unterbringung zu gewährleisten und für psychisch verstörte Minderjährige eine Behandlung zu organisieren.
Die Charaktere der vier Frauen sind individuell ausgestaltet, die Verfolgung ihrer anschaulich beschriebenen Lebenswege vermittelt einen lebendigen Eindruck des Lebens in der deutschen Hauptstadt vor hundert Jahren.
Neben den fiktiven Hauptfiguren treten auch ein paar reale historische Frauenpersönlichkeiten auf, die seinerzeit für Aufsehen und Skandale sorgten.
In ihrem Nachwort geben die Autoren Hintergrundinformationen zur Epoche der „Goldenen Zwanziger“, außerdem ist ein Personenverzeichnis nachgestellt, das im Vorspann vielleicht besser platziert wäre.


Fazit
Ein lesenswerter Auftakt einer Trilogie über das Leben von Frauen verschiedener Gesellschaftsschichten im Berlin der 1920er Jahre!