Leben ohne Tiefgang

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Carlo Weiß ist Landschaftsgärtner und verhilft seinen Kunden zu der Gartengestaltung ihrer Träume. Sein eigenes Leben ist jedoch alles andere als traumhaft. Seine Frau Ana hat ihn verlassen, ihre gemeinsame Tochter Mina macht ein Praktikum in London und meldet sich sehr selten. Auf den ersten Seiten des Buches wirkt Carlos Leben desolat: eine spartanisch eingerichtete Wohnung in einem öden Mietshaus, ein einsames Frühstück in einem ungemütlichen Café, überall nur alte oder kranke Leute. Ein Gesamteindruck von Einsamkeit!
Aber Carlo ist nicht einsam, ihn verbindet eine vertrauensvolle Freundschaft mit seinem Assistenten Agon, einem Kosovo-Albaner, der früher Französischlehrer war. Er ist ein Mensch, der sich von seinen Gefühlen leiten lässt und seinen Mitmenschen tiefgehende Empathie schenkt. In gewisser Weise ist es das,was Carlo fehlt, und auf was er durch Agon oftmals aufmerksam wird.
Ana ist gegangen, weil Carlo kein Einfühlungsvermögen für ihren Beruf als Krankenschwester hatte und ihr nicht wirklich zuhört. Und genau so verfährt er auch mit seiner Mutter, die aus einem Altersheim in ein altes Hotel gezogen ist, wo sie früher ihre große Liebe traf. Seine Mutter möchte ihm ihr Leben offenbaren, aber es interessiert ihn nicht wirklich....
Das Buch enthält verschiedene Handlungsstränge, aber diese werden leider nicht zu einem sinnvollen Ganzen verknüpft, es fehlt der Tiefgang, der auch in Carlos Leben fehlt. Irgendwie habe ich eine gewisse Spannung vermisst, die mich antreibt, weiter zu lesen. Ich fand den Roman bisweilen langatmig und uninteressant, da einige Fragen offen blieben, z.B. möchte man gern wissen, wieso Agon brutal zusammengeschlagen wird oder warum Ana sich immer wieder auf Carlo einlässt. Was ist in Minas Erziehung so falsch gelaufen, dass sie ihr Meerschweinchen aussetzt, weil es sie nervt?
Was mir jedoch sehr gut gefallen hat, ist der atmosphärische Schreibstil. Buti beschreibt Situationen, Charaktere und Vorfälle sehr detailliert und realistisch, wobei er jeweils Gefühle einfließen lässt, die noch mehr Tiefgang verleihen. Man sieht das schäbige Café regelrecht vor sich, oder meint Carlos gebrechlicher Mutter gegenüber zu sitzen....
Dieser Erzählstil ist das große Plus dieses Romans, inhaltlich hatte ich gemäß Klappentext und Leseprobe deutlich mehr erwartet, vor allem Tiefgang. Schade!