Zufällige Konstellationen

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"Als Schriftstellerin Eva in der Zeitung ein Phantombild entdeckt, ist sie tief schockiert: Die Unbekannte hat frappierende Ähnlichkeit mit ihrer Mutter. Die Frau war in Bergen gewaltsam zu Tode gekommen, doch ihre Identität konnte nie aufgedeckt werden. Eine Reise nach Norwegen führt Eva Schritt für Schritt in die Vergangenheit einer Fremden voller Rätsel - und zurück in ihre eigene Familiengeschichte." (Klappentext)

Es gibt viele Geschichten vom 'Verloren Gehen', vom 'Heimkehren', aber Anja Jonuleit gelingt hier eine Reise des Erinnerns, die mich vor ein festsaugendes Fernrohr presste. Mein gefesselter Blick riss mich schaudernd in aufklärerisch verzwickte Tiefen. Flanierend fühlte ich jeder Station der unterschiedlichsten Erzählkomponenten unmittelbar in empfindsamer Beobachtung.
Welch eine beeindruckende Brillianz beweist diese Autorin durch den klug ausgetüfftelten Spannungsbogen, der nicht ein einziges Mal zu reißen droht. Auf jeder Seite stampfst Du ganz bewusst immer tiefer in den Sumpf hinein, der hier zu Tage kommen soll.
Hier wird eine Geschichte erzählt, die auf das eigene Leben ganz individuell nachhallend wirkt.

Es ist bereichernd, wenn man die zufälligen Konstellationen, die die eigene Geschichte maßlos zu dem machen, was sie ist, stets mit einem wach suchenden, äußerst konzentrierten Fernrohrblick betrachtet, und dabei im Hinterkopf behält:

"Wir sind zu einem wesentlichen Teil das, was wir erinnern und vergessen." (431)

Meine persönliche Reise des Erinnerns ist ein Spindelrad, dass sich um einen entgleisten Familienzusammenhalt dreht, der schon lange seine sinnstiftende Heimat verlor, um darauf aufgespaltene Zufluchten in versteckende Täler finden musste. Für das Schärfen meiner eigenen Fernrohrgeschichte muss ich mich beeilen, denn wir sind alle vergänglich, und ob wir uns da oben wieder sehen, das ist eine schwierige Frage!?