Ein eindrucksvolles, wichtiges und stellenweise düsteres Buch darüber, was es heute heißt, Sámi zu sein

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luisabella Avatar

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Elsa wächst gemeinsam mit ihrem größeren Bruder Mattias als Kinder samischer Rentierhalter:innen in Sámpi (im Norden von Fennoskandinavien) auf. Ihr Leben ist geprägt durch die Nähe zu den Rentieren, der Natur und der Schneelandschaft. Für Elsa ändert sich jedoch alles, als sie den Mord an ihrem eigenen jungen Ren Nástegallu beobachtet - und nicht nur mit dieser Schreckensszene sondern auch der Angst vor dem Mörder leben muss. Elsa geht zielstrebig ihren Weg - auch wenn dies alles andere als einfach in dieser rauhen Umgebung und Gesellschaft ist.

»»In oamas du, leat du iezat. Leat beare luoikkašin munnje«, flüsterte sie. »Du gehörst mir nicht, du bist deine eigene Herrin. Du wirst mir nur ausgeliehen.«« (S.101)

Eingebettet in die Beschreibung der schönen Landschaft, samische Sprach-Fragmente und des Lebens in der samischen Kultur werden wahre Begebenheiten von der Autorin in diesem fiktiven Roman verarbeitet: Der Diskurs über die Rechte der indigenen Völker in Schweden einhergehend mit der Diskriminierung dieser sowie den Rentieren-‚Diebstählen‘ (als ‚Mord‘ werden die Rentierermordnungen im Juristischen nicht angesehen) sowie Kritik am schwedischen Polizeitapparat. Zudem äußert die Autorin mit ihrer starken Protagonistin ebenfalls Kritik an der samischen Kultur, die sehr patricharisch organisiert ist:

»Es waren keine Söhne nötig, um die Rentierhaltung an die nächste Generation zu übergeben. Es brauchte
ein Kind, das bereit und fähig war, den Rucksack zu tragen. […] Samisch zu sein bedeutete, seine Geschichte in sich zu tragen, als Kind vor dem schweren Rucksack zu stehen und sich zu entscheiden, ihn zu schultern oder nicht.« (S.212f)

Ein schöner, teilweise düsterer und bewegender Roman darüber, was es heißt in heutigen Zeiten ein:e samische:r Rentierhalter:in zu sein. Ich habe bei der Lektüre von Ann-Helen Laestadius Roman »DAS LEUCHTEN DER RENTIERE« 🦌 (🇸🇪 übersetzt von Maike Barth & Dagmar Missfeldt) viel über die indigenen Völker des Nordens gelernt und sehr mitgefühlt.

[TW: Tierquälerei, psychische Gewalt]