Verteidigung der Rentiere

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Ein Leben ohne Rentiere, das ist für die Samen hoch oben im Norden schwer vorstellbar, denn die Rentierhaltung ist integraler Bestandteil ihrer Kultur. Ich muss gestehen, dass ich vor diesem Roman nicht besonders viel über samische Kultur wusste, gerade mal, dass sie eine indigene Gruppe sind, die im Norden von Schweden, Norwegen, Finnland und Russland leben und farbenfrohe traditionelle Kleidung tragen. Doch dank Ann-Helén Laestadius’ Roman hat sich das geändert. Ich weiß, welch große Bedeutung die Rentiere für sie haben, dass sie als Minderheit oft Vorurteilen und Rassismus ausgesetzt sind und dass ein traditionelles Leben häufig mit großen Schwierigkeiten und ständigen Auseinandersetzungen mit der Mehrheitsgesellschaft verbunden ist. Der Roman handelt hauptsächlich von Elsa und ihrem Aufwachsen in einer traditionellen Familie im nördlichen Schweden, wo es im Winter kaum hell wird und dafür im Sommer fast nie dunkel.
Elsa ist neun Jahre alt und das erste Mal allein auf Skiern zur Rentierkoppel gefahren, als sie Zeugin des Mordes an ihrem Rentier wird. Sie erkennt den Täter, schweigt jedoch aus Angst vor ihm. Erst Jahre später, als junge Erwachsene, will sie die ständigen Schikanen und die gejagten und getöteten Rentiere nicht mehr hinnehmen und die bis dato untätige Polizei zwingen, endlich etwas zu unternehmen. Doch dadurch macht sie sich nicht nur Freund*innen, auch in ihrer eigenen Gemeinschaft sind nicht alle glücklich über so viel Aufmerksamkeit. Der Roman hat ein ruhiges Erzähltempo, das erst im zweiten Teil etwas an Fahrt aufnimmt. Die Autorin gewährt uns als Leser*in viele Einblicke in die samische Kultur, wir sind auf der Rentierkoppel und auf dem jährlich stattfindenden Markt dabei, sehen die Freude und die Verzweiflung, die mit einem traditionellen Leben einhergehen. In Teilen war mir die Sprache etwas zu schlicht, auch einige Seiten weniger hätten nicht geschadet, aber insgesamt habe ich den Roman gern gelesen, vor allem, weil er mir einen wirklich interessanten Einstieg in eine Kultur ermöglicht hat, von der ich vorher quasi nichts wusste.