Große, bewegende Geschichte, leider unnötig ausschweifend

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ellus Avatar

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Ich liebe lange Familiengeschichten über mehrere Generationen, die mit der Zeitgeschichte verknüpft sind, daher hat mich "Das Licht zwischen den Schatten" in dieser Hinsicht definitiv nicht enttäuscht. Die vielen Wendungen der deutschen Geschichte von 1919 bis 1989, und wie sie die Schicksale der verschiedensten Menschen beeinflusst haben, sind in diesem Roman mit großer Reichweite, aber auch ganz persönlich anhand der drei Protagonisten Konrad, Brigitte und André erzählt.

Faszinierend sind die Leben aller drei Figuren und der Menschen, denen sie auf ihren Lebenswegen begegnen. Besonders interessant, wenn auch wirklich nicht sympathisch in ihren Entscheidungen, ist Brigitte, die man sehr gut als Produkt der Systeme und Gesellschaften, und nicht zuletzt der Familienverhältnisse, in denen sie aufgewachsen ist, verstehen kann. Ihr Weg, mit den immer falschen Abzweigungen, die sich auch auf die anderen Generationen auswirken, hat etwas unausweichlich Tragisches.

Das Buch bleibt über seine gesamte Länge sehr spannend durch die geschickt verwobenen Handlungsstränge und Lebensgeschichten, bei denen man sich erst nach und nach die Zusammenhänge sortieren kann.
Vielleicht allerdings auch, weil die Verbindungen und Verwirrungen doch manchmal etwas zu unnötig kompliziert, etwas zu unwahrscheinlich sind - aber das Leben schreibt die seltsamsten Geschichten, wer weiß?

Ähnlich wie die Handlung selbst war mir häufig auch der Satzbau etwas überladen und umständlich, was den eigentlich sehr gut lesbaren Erzählstil an vielen Stellen beeinträchtigt hat. Auch die häufig unnötige Verwendung von Anführungszeichen für sprachliche Ausdrucksmittel hat mich irritiert (etwa: in der Schwimmhalle "waren auch die Geräusche "enger" und "gedämpfter", "Er "rotzte" Sollmann all seine dunklen und lange verheimlichten Vermutungen vor die Füße").
Die gewählten Namen Emmely und Janis haben mich aufgrund ihrer (für die jeweilige Generation) unzeitgemäßen und unüblichen Schreibweisen jedes Mal ein bisschen aus dem Geschehen gezogen, was sicher eine Geschmacksfrage ist, aber auch schade.
Das Ende und das Zusammenknüpfen der Erzählstränge war mir dann ein bisschen zu übereilt und wirkte nur noch schnell zusammengefasst, was zu der ausholenden Erzählweise des vorhergegangenen Buches nicht so recht passen wollte.

Ein sehr ambitionierter, gut recherchierter und weitreichender Roman, den ich gerne und gespannt gelesen habe, im Nachhinein in der Gesamtheit gesehen war es mir jedoch eventuell etwas zu viel des Guten.