Psychologische Aufarbeitung von Missbrauchserfahrungen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
die_wortbewunderin Avatar

Von

Dieses schmale Buch hat es in sich. Obwohl es nur knapp 200 Seiten umfasst, konnte ich es immer nur häppchenweise lesen. Das liegt zum einen an dem heftigen Inhalt, zum anderen an dem Schreibstil der Autorin, der auf der reflektorischen Meta-Ebene sehr akademisch-theoretisch daherkommt.

Mir ist auch nicht so ganz klar, für wen das Buch geschrieben wurde. In erster Linie wahrscheinlich für die ca. 70-jährige Autorin selbst, die darin ihre komplette Liebesbiografie schildert, analysiert und reflektiert. Die Erfahrungen, die sie dabei mit uns teilt, sind höchst intim und teilweise richtig verstörend. Es gelingt ihr dabei hervorragend, die Ambivalenz der Ereignisse und ihrer Gefühle zu vermitteln. Wie sie sich als Kind für den Missbrauch schämt, obwohl sie das Opfer ist, wie sie ihn aber gleichzeitig auch jahrelang geschehen lässt, weil sie dadurch auf eine verkorkste Weise Wertschätzung erfährt. Es ist hart, so nah dabei zu sein, aber schon auch interessant, ihre Sichtweise auf die Geschehnisse zu erfahren.

Der voyeuristische Aspekt dabei ist aber in meinen Augen sehr problematisch und nicht ohne Gefahr. Könnte das Erzählte nicht auch als Blaupause verwendet werden? Allein schon das Cover nährt diese Zweideutigkeit: Da haben wir auf der einen Seite das Morbide der verwelkenden Blumen, auf der anderen Seite die erotisierenden Anklänge der Blütenblätter an weibliche Geschlechtsteile. Was möchte man damit erreichen?

Alles in allem lässt mich das Buch etwas verstört und ratlos zurück.