Schleichend kommt das Unglück

Es ist ein dunkler und regnerischer Abend: Eilish ist zu Hause mit ihren vier Kindern, das Klopfen ist kaum hörbar, aber irgendwie spürt sie es und geht doch zur Tür. Auch dort ahnt sie die Personen mehr als dass sie sie in der Dunkelheit sieht. Es sind zwei Polizisten einer speziellen Einheit, die nach ihrem Mann Larry, einem engagierten Mitglied der Lehrergewerkschaft fragen. Ein höflicher Austausch und die Bitte: Er möge doch, wenn er zurückkommt, sich dringend bei ihnen melden. Nach dieser Begegnung fühlt sich Eilish, als wenn ein Schatten mit ihr mitkäme - abschütteln lässt sich weder diese Begegnung noch das bleibende Gefühl der Vorahnung und des Unwohlseines. Sie überbringt Larry die Nachricht, bittet ihn, möglichst rasch zu reagieren. Als er trotz dieser Warnung anderntags an einer Demonstration teilnimmt, ist er anschließend verschwunden. Und es ist an Eilish, sich um ihre 4 Kinder zu kümmern und dem zunehmend totalitären System die Stirn zu bieten.
"Das Lied des Propheten" ist unheimlich und eindringlich und zieht seine Kraft und Beklemmung aus der Beschreibung, wie schnell eine Situation, in der sich eine scheinbar gut situierte, gut ausgebildete Familie in einem demokratischen Land befindet, in eine Situation höchster Unsicherheit und Zerrissenheit rutschen kann. Und zugleich ist es eine Warnung, dass wir uns oftmals viel zu lange noch in Sicherheit glauben, weil man einfach nicht fassen kann, dass so etwas im eigenen Land passiert.
Das holzschnittartige Cover ist dazu höchst passend und sehr eindrücklich.