Thriller mit Höhen und Tiefen

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katicey Avatar

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Sarah, Marc und Henning – auch wenn es uns der Text auf dem Cover suggerieren will, die Beschreibung „beste Freunde“ ist hier vielleicht doch etwas ungenau. Sarah und Marc sind in einer scheinbar innigen Beziehung, Marc und Henning sind auf einer mir unzugänglichen Ebene so etwas wie beste Freunde. Und Sarah und Henning? Da hört die Freundschaft auf… Und plötzlich ist da Hennings Blut in der Küche, viel Blut, so viel, dass er unmöglich noch am Leben sein kann. Das von dem Dreiecksgespann gemeinsam bewohnte Loft wird zum Tatort, das Traumpaar zu Verdächtigen.

Das Leben der drei wie sie es kannten hört an diesem Punkt auf und das Buch beginnt. Aus drei Perspektiven wird der Leser durch die Aufklärung des Falls geführt. Auf gängige Erzählweise wird das Ermittlerteam eingeführt, ihre Gedanken zu den Verdächtigen und zum Tathergang dargelegt und die eigentliche Ermittlungsarbeit beschrieben. Ungewöhnlich ist die Einbindung der Verdächtigen Sarah und Marc. In der Form der Ich-Erzählung schildern sie ihre ganze eigene Sicht auf die Geschehnisse von ihrem Kennenlernen bis zu ihrem aktuellen Aufenthalt in der Untersuchungshaft. Und diese Sicht weicht ab – voneinander und auch von dem, was sie der Polizei erzählen. Doch wer lügt und vor allem warum, das bleibt bis zum bitteren Ende ein dunkles Geheimnis.

„Das Loft“ beeindruckt mit durchaus überraschenden Wendungen und ist sprachlich angenehm zu lesen, ohne sich eines zu einfachen Schreibstils zu bedienen. Die Veränderungen in den Beziehungen der drei Protagonisten zueinander mit all ihren Konsequenzen sind gut nachvollziehbar und die damit verbundene Demontage des Trugbilds ihrer innigen Freundschaft ist durchaus gelungen. Teilweise bleibt mit der Autor dabei allerdings zu sehr auf der sachlichen Ebene, da hätte ich mir noch mehr von der emotionalen Komponente gewünscht.

Das Buch beginnt mit einer Ansage, die die Erwartungen gleich zu Beginn nach oben schraubt. Und tatsächlich ist die Spannung anfangs auch am höchsten, flacht zur Mitte hin deutlich ab, um gegen Ende wieder etwas an Fahrt aufzunehmen. Sie wird eher von der psychologischen Komponente getragen, d. h. von dem, was die Protagonisten denken und erzählen. Und da zeigten sich mir zwischendurch ein paar deutliche Längen. Hier hatte ich mir – auch angesichts der Covergestaltung - etwas mehr erhofft.

Die überraschende Auflösung kommt sehr schnell und war (für mich) nicht vorhersehbar. Hier fehlen ein paar Erklärungen, denn für mich bleiben durchaus Fragen hinsichtlich der Plausibilität offen. Ich will nicht sagen, das Ende wäre an den Haaren herbeigezogen, aber so wirklich schlüssig finde ich es auch nicht.

Insgesamt halte ich das Buch durchaus für lesenswert. Es ist weniger ein Thriller sondern gleicht eher einer Sozialstudie im Rahmen der Aufklärung eines mutmaßlichen Gewaltverbrechens. Wer also nicht unbedingt auf Action aus ist, kann mit diesem Buch ein paar unterhaltsame Stunden verbringen. Wenn man es nicht liest, verpasst man allerdings auch nicht wirklich etwas.