Bewegende Geschichte einer jüdischen Familie zur Zeit des Nationalsozialismus - hat mich emotional sehr mitgerissen.

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kleinervampir Avatar

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Buchinhalt:

Lüneburg, 1936: Luise, die junge Tochter eines jüdischen Kaufmanns, lernt im Sommer den Kommilitonen ihres Bruders kennen – und verliebt sich unsterblich in den charismatischen Isländer. Auch als es für Juden in Deutschland immer schwerer und gefährlicher wird, hält Jonas zu ihr – und versucht, Luises Eltern die Flucht vor den Nationalsozialisten zu ermöglichen…

2019 kommt die Schreinerin Sophie schließlich nach Island, um dort ein Haus zu renovieren – und findet in einem alten Schreibtisch das Tagebuch von Luise. Warum aber ist Luises Name vor Ort ein rotes Tuch und wird totgeschwiegen? Stück für Stück deckt Sophie ein altes Familiengeheimnis auf, und hofft, nach 80 Jahren endlich eine Versöhnung herbeizuführen


Persönlicher Eindruck:

Selten hat mich ein Buch so sehr bewegt und emotional mitgerissen, wie dieses.

Auf zwei Zeitebenen erzählt die Autorin die Geschichte der jüdischen Kaufmannsfamilie Rosenberg, deren tragischem Schicksal in der Nazizeit und dem persönlichen Lebensweg von Luise, der Tochter. Dabei klammert die Geschichte das Gräuel und die Schikanen, denen die jüdische Bevölkerung in den 1930er und 1940er Jahren ausgesetzt war, keinesfalls aus sondern schildert authentisch und packend das Leben der jungen Frau in Lüneburg und später auf Island.

Die Figuren gestaltet die Autorin dabei lebensecht und überzeugend, sowohl im Vergangenheitsteil als auch im Gegenwartsteil. Dort ist die Hauptfigur Sophie, eine junge Schreinerin aus Deutschland, die mit Work & Travel einen Auftrag auf Island annimmt, ein altes Haus zu renovieren. Sie findet dort in einem alten Schreibtisch durch Zufall die Aufzeichnungen von Luise Rosenberg, die sie fortan nicht mehr loslassen. Zusammen mit Sophie macht sich der Leser buchstäblich auf eine Reise in die Vergangenheit, in das Leben von Luise, ihrer Familie und ihrer großen Liebe, dem Isländer Jonas. Stück für Stück deckt Sophie dabei das größte Tabu auf, das seit 80 Jahren über der Familie ihrer Arbeitgeber schwebt.

Man könnte jetzt kritisieren, dass es Sophie eigentlich gar nichts anginge, dass sie kein Recht habe, sich in fremde Familienangelegenheiten einzumischen – doch es ist viel wichtiger, dass sie es tut, denn nur so kommt schließlich die Wahrheit ans Licht.

Gleich zwei Liebesgeschichten erzählt dieser Roman, die gefühlvoll und empathisch von der Autorin erzählt werden. Natürlich hängen letztendlich beide Geschichten miteinander zusammen. Für mich war eindeutig der historische Teil die Haupthandlung, er erzeugte auf ganzer Linie Gänsehautgefühl und stand beispielhaft für viele tausend ähnliche Schicksale. So kommt hier nicht nur das Leid der Juden zur Sprache, auch Themen wie Homosexualität in der damaligen Zeit oder das Schicksal der Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten sind Motive des facettenreichen Plots.

Die Hauptfiguren sind allesamt tiefgängig und lebendig, auch die Schauplätze empfand ich als bildreich und konnte mir alles gut vorstellen. Der Gegenwartsteil wartet zudem mit reichlich isländischem Lokalkolorit auf und nimmt den Leser mit auf eine Reise ans Nordkap.

Am liebsten hätte ich noch viel mehr erfahren von Luise und wie ihr Schicksal nach Kriegsende weiterging, auch wenn die meisten offenen Fragen beantwortet wurden. Der Roman beschreibt in einzigartiger Weise ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte und war für mich ein absolutes Lesehighlight, das ich nur ungern wieder aus der Hand lege.