Für die Menschlichkeit und gegen das Vergessen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
bücherkarin Avatar

Von

Work & Travel - das ist die Lösung für Sofie, eine junge Frau aus Hamburg, um endlich zur Ruhe zu kommen, wieder zu sich selbst zu finden. Sie hatte eine Fehlgeburt und danach keinerlei Zuwendung von ihrem Partner erhalten und nun hat sie auch noch ihren Job verloren. Sofie ist mit Leib und Seele Tischlerin und in Nordisland hat sie nun die Möglichkeit, ein Haus zu renovieren, Parkett verlegen, alte Möbel wieder herrichten usw. Ihr gefällt das Haus, die Arbeit, die Umgebung und vor allem die direkte und freundliche Art der Leute dort.
Die Absprachen mit ihrer Arbeitgeberin erfolgten nur telefonisch und von einem Neffen Björgvin, der dort ab und an übernachtet, war keine Rede. Aber das Haus bietet ja genug Platz für zwei und nach anfänglichen Reibereien bilden sie eine recht gute Wohngemeinschaft, auch wenn jeder seine Geheimnisse hat und seinen Kummer mit sich herumträgt.
Durch Zufall fällt Sofie ein Brief mit Notizbuch in die Hände, 2004 von einer alten Dame an ihren Sohn Hannes geschrieben, auf deutsch. Der Brief ist rührend und die aufgeschriebene Lebensgeschichte zieht Sofie in ihren Bann.
Diese zweite Zeitebene beginnt 1936 als sich Luise Rosenthal, siebzehnjährige Tochter der gutsituierten jüdischen Kaufmannsfamilie Hals über Kopf in den isländischen Studenten Jonas verliebt und sie eine glückliche gemeinsame Zeit zur Olympiade in Berlin verbringen. Ihre Eltern wollen sie von der Aussichtslosigkeit ihrer Liebe überzeugen, im Nazideutschland bringt sie mit dieser "Rassenschande" ihre Familie in große Gefahr. Aber "Sturkopf" Luise läßt nicht von ihrer großen Liebe und Jonas steht zu ihr. Nach der Reichskristallnacht läßt sich die mittlerweile schwangere Luise endlich überzeugen, die gefährliche Flucht nach Island anzutreten. Dort ist sie zwar in Freiheit aber das Leben birgt viele Schwierigkeiten, sie wird von Jonas Familie abgelehnt.
Diese Erzählung endet tragisch, es ist eine einzige Bitte einer Mutter an ihren Sohn, sie zu verstehen, sie hat nie aufgehört, ihn zu lieben.
Aber die isländische Familie hat eine vorgefaßte negative Meinung und nur ganz allmählich gelingt es Sofie, sie dazu zu bewegen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen.
Ein sehr bewegendes und berührendes Buch, flüssig und sehr lebendig geschrieben, man sieht die Personen beider Zeitebenen mit ihren Fehlern und Schwächen vor sich, sie sind so lebensnah geschildert, dass man sich gut in sie hineinversetzen kann. Ein Roman gegen das Vergessen und eine Liebeserklärung an Island.