Cosy Crime mit angezogener Handbremse

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Im Dorf gilt die alte Frances als paranoid, da sie aufgrund einer alten Weissagung ihr Leben lang glaubte, eines Tages umgebracht zu werden. Nun ist es tatsächlich passiert, doch Frances hat vorgesorgt! Sie hat schon zu Lebzeiten ein Archiv mit verdächtigen Personen angelegt. Sowohl ihr Stiefneffe, als auch ihre Großnichte Annie, sollen mit Hilfe dieses Archivs den Mörder finden. Alleinerbe wird laut Testament derjenige, der den Mörder als erstes entlarvt. Doch es sind nur ein paar Tage Zeit dafür...

Eigentlich habe ich mich auf einen lustigen Krimi gefreut, denn Klappentext und auch Cover versprachen viel. Auch mag ich britischen Humor ganz gerne.
Die Grundidee der Story finde ich super und ist mal etwas ganz Neues. Das Setting in einem kleinen englischen Dorf mit einer eingeschworenen Gemeinde gefällt mir ebenfalls sehr gut und passt natürlich super zu einem Cosy Crime. So weit, so gut.

Leider wurde ich letztlich etwas enttäuscht. Der typische britische Humor blieb (meiner Meinung nach) insgesamt total auf der Strecke.
Am meisten war ich von Annie enttäuscht. Sie, als Titelheldin der Geschichte, blieb völlig blass und unscheinbar. Tatsächlich war sie die einzige Figur im Buch, die ich öde fand. Sie war nicht unsympathisch, aber absolut langweilig. Ihr hätten etwas Spritz und ein paar flotte Sprüche sehr gut getan. Schade, denn gerade mit der Hauptprotagonistin möchte ich mitfiebern. Ihre beste Freundin und ihre Mutter dagegen wirkten lebendig und bunt. Schade, dass das nicht auf Annie abgefärbt hat.
Die anderen Charaktere der Geschichte waren vielschichtiger und haben mir gut gefallen, wodurch sie Annie noch weiter in den Schatten gestellt haben.

Eine weitere Enttäuschung war für mich das Mörderarchiv selbst. Vielleicht hatte ich da auch einfach falsche Erwartungen, aber es wurde im Klappentext so in den Mittelpunkt gestellt, dass ich beim lesen der Story die ganze Zeit darauf gewartet habe, dass es mit dem Archiv endlich losgeht. Aber es blieb letztlich eher ein Seitenstrang der Geschichte und als Leserin habe ich nicht besonders viel im Archiv „stöbern“ dürfen und nur einige wenige Informationen daraus erhalten.

Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Das Buch lies sich schnell und leicht lesen, auch wenn mir der Spannungsbogen fehlte. Dafür waren die Figuren so schön beschrieben, dass es mir vorkam, als würde ich die Personen tatsächlich kennen.
Die Geschichte ist aus Annies Sicht geschrieben, wird aber immer wieder durch Auszüge aus Tante Frances Tagebuch unterbrochen. Die Tagebuch-Kapitel haben mich weit mehr angesprochen. Einmal, weil ich Tante Frances gerne mochte. Aber auch, weil ich zu wilden Spekulationen angeregt wurde bezüglich dem damaligen Verschwinden von Frances Freundin Emily, aber auch zu Tante Frances Tod und wie, falls überhaupt, beides miteinander zusammenhängt.
Die Ausgangssituation fand ich spannend, doch das Ende war nicht sehr überraschend. Beim lesen habe ich mir Notizen gemacht und mir diese hinterher nochmal angeguckt. Dadurch habe ich festgestellt, wie schnell ich das Rätsel eigentlich schon gelöst hatte. Twists und Wendungen kamen für mich also nicht überraschend.

Für mich hat die Story viel Potential, es hapert aber leider an der Umsetzung. Über das wenig überraschende Ende hätte ich hinweg sehen können, wenn das Buch zumindest witzig gewesen wäre. Es ist nicht schlecht geschrieben und mit dem Plot beweist die Autorin Fantasie. Ich hatte aber den Eindruck, dass sie mit angezogener Handbremse geschrieben hat.
Irgendwo habe ich gelesen, dass dies der Auftakt einer neuen Reihe sein soll. Wenn dem so sein sollte, würde ich der Sache auf jeden Fall eine zweite Chance geben und auch den Nachfolgeband lesen. Dennoch muss ich für mich Band 1 als eher durchschnittlich bewerten.