Für Erwachsenen-Whodunit zu schwach

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Kristen Perrins „Das Mörderarchiv“ wird beworben als für Fans etwa von Richard Osman – das weckt Erwartungen …

Die Handlung ist fix umrissen: Nachdem eine Wahrsagerin Frances Adams mit 17 weissagt, dass sie ermordet wird, hat sie auf ihrem Landgut Castle Knoll ein Archiv mit potentiell Verdächtigen angelegt und Vorsorge im Testament getroffen, denn wer ihren Mörder entlarvt, erbt alles – und damit es spannend wird, hat sie den möglichen Erben dafür nur eine Woche eingeräumt. Als Frances dann tatsächlich in Ihrer Bibliothek umgebracht wird, werden ihre Großnichte Annie, Adams und Frances‘ Stiefneffe Saxon zur Testamentsverlesung einbestellt und erfahren von ihrem Glück. Annie ist zwar (etwas verkrachte) Krimiautorin, hat aber Frances nicht kennengelernt – da sieht es so aus, dass sie gegenüber dem Rechtsmediziner Saxon den Kürzeren zieht. Doch das Glück scheint ihr hold und sie findet ein Tagebuch, das die Karten neu mischt …

Da das Buch als Reihe angelegt ist, investiert die Autorin einiges an Zeit in die Figurengestaltung, was bei einem Krimi oft auf Kosten der Spannung geht. So auch hier und das bei einem „Wohlfühlkrimi“, was von Krimi dann nur wenig übriglässt (eigentlich nur Annies Ermittlungen, Saxons Rechtsmedizinbeiträge). Aber damit kann man umgehen (auch mit dem Umstand, dass man ahnt, wie die Ermittlungen ausgehen, weil sonst ja keine Reihe daraus wird), wenn der Rest passt. Der Rest sind hier die Figuren: weitgehend schrullig (allein Annie und ihre unkonventionelle Mutter haben es in sich, doch Frances und Saxon schlagen dem „Fass den Boden aus“, beinah schon albern), weitgehend sympathisch (Saxon nicht gerade, aber das gehört so, schlimmer ist eigentlich nur seine Frau). Annie wird als pfiffig, (wort-)gewandt und beinah selbstlos charakterisiert, doch seien wir ehrlich: ohne ihre Erbschaft wäre Frances ihr ziemlich Lotte – jaaa, sie interessiert sich erst mit der Zeit für ihre Großtante, doch frei von „materiellen Zwängen“ und damit menschlichen Abgründen ist eben auch Annie nicht. Erzählt wird aus Annies Perspektive, was das Miträtseln gut ermöglicht, das Tagebuch und Rückblenden machen es interessant. Durch die Erzählung aus Annies Perspektive liest sich der Stil flüssig, locker, doch von Osmans Humor ist Perrin noch ein gutes Stück entfernt und manches störte schlicht, zum Beispiel der Umstand, dass die Autorin das Klischee des Mordes in Bibliothek nicht auslassen konnte, es dann aber auch nicht so überstrapaziert hat, dass man es als Spiel damit ansehen könnte (wie es etwa Benjamin Stevenson in seinem „Familienkrimi“ um einen Krimi(ratgeber)autor getan hat). Manchmal kam mir Annie auch etwas kindisch vor, bis es klickte und mir einfiel, dass ich die Autorin von Kinder-/Jugendbüchern kannte – und ja, irgendwie wirkte die Geschichte nicht ganz ausgereift. Als Hörbuch funktionierte die Geschichte für mich aber definitiv besser als sie es als Buch getan hätte, denn dort „tröstet“ Anna Dües Stimme und Vortrag über die eine oder andere Unzulänglichkeit der Geschichte hinweg, sodass man sie gut nebenbei hören kann. Wegen der Schwächen der Geschichte (ausdrücklich nicht des Hörbuches) wegen komme ich über 3 Sterne jedoch nicht hinaus, sodass jeder selbst entscheiden soll, ob das Hören lohnt.