Milchmädchenrechnungen

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Das Nest von Cynthia D’ Aprix Sweeney, 410 Seiten erschienen im Klett-Cotta Verlag.
Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht. Die vier Plumb – Geschwister warten auf ihr Erbe, ein stattliches Vermögen welches jeder einzelne schon für seine Bedürfnisse oder Wünsche eingeplant hat. Doch dann ist alles anders. Der älteste Bruder Leo gerät in Schwierigkeiten und bekommt von der Mutter das gesamte Geld.
Eine Familiengeschichte wie sie unterhaltsamer nicht sein könnte. Leo, Jack, Bea und Melody die Jüngste, sind 4 Geschwister die eigentlich nicht viel gemeinsam haben. Außer ein stattliches Erbe geteilt durch vier, liebevoll das Nest genannt, welches sie bald, nämlich an Melodys 40. Geburtstag ausgezahlt bekommen sollten. Doch der älteste Bruder, Leo leichtlebig und ein Playboy verschuldet im Drogen- und Alkoholrausch einen schweren Verkehrsunfall, bei dem eine junge Frau einen Fuß verliert. Da die Familie in „gewissen Kreisen“ lebt, müssen die Umstände und Tatsachen geflissentlich vertuscht werden. Dafür sorgt Mutter Francie, die das „Nest“ ausräumt und somit die „Geschichte“ aus der Welt schafft.
Die übrigen Geschwister die alle in Gedanken und auch in der Tat den Geldsegen schon verplant bzw. sich in Erwartung des Geldes hoch verschuldeten, haben nun das Nachsehen. Leo verspricht Ihnen das Nest bis zur Fälligkeit wieder aufzufüllen, aber weit gefehlt. Statt sich dem Leben und seinen Anforderungen zu stellen, macht er hochfliegende Pläne, scheitert und setzt sich in die Karibik ab. Jack Bea und Melody haben endgültig das Nachsehen denn keiner der Geschwister hat sein Leben so richtig im Griff.
Obwohl hier die Spannungskurve nicht sehr hoch ist, fühlte ich mich zu jeder Zeit gut unterhalten, das Buch war zügig zu lesen und hat auf jeden Fall Potential. Die Charaktere einzelner Figuren waren hervorragend geschildert, die Geschichte jedes Kindes wird erzählt. Am ehesten konnte ich mich noch mit den hehren Beweggründen von Mel identifizieren, sie wollte eigentlich nur das Beste für ihre Töchter und die Familie. Die Figur Leo war mir total unsympathisch. Durch seine Sucht verursacht er Kummer und Sorgen aber das lässt ihn ziemlich kalt, als ich dann noch erfahren habe, dass er heimlich so viel Geld auf der Seite hat um den Geschwistern das Nest zu sichern und er sich damit absetzt, hat mich das richtig wütend gemacht. Jack handelt weitestgehend auch sehr egoistisch und Bea bleibt für mich als Charakter etwas im Dunkeln.
Es war schön zu verfolgen, wie sich die Geschwister durch den Vorfall wieder angenähert haben, sich zum Positiven verändern und letztendlich doch noch zu einer richtigen Familie wurden.
Das Buch ist in drei Teile und insgesamt 45 Kapitel unterteilt, es liegt eine auktoriale Erzählung vor. Da die Autorin wörtliche Rede als Stilmittel verwendete und Eigennamen kursiv gedruckt waren, erschien das Werk sehr lebendig, bei einem Familienroman erwarte ich auch zu keiner Zeit „Hochspannung“. Zum Cover kann man dem Verlag nur gratulieren – wahrlich ein „Eyecatcher“, das mich erst auf das Buch aufmerksam gemacht hat.
Das Nest kann ich wirklich jedem empfehlen, der humorvolle, gesellschaftskritische Familienromane mag und vergebe gerne 4 Sterne.