Dreiecksgeschichte vor historischem Hintergrund

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Die Geschichte beginnt recht dramatisch: Es sind die letzten Tage der großen Völkerschlacht bei Leipzig. Die kleine Clementine überlebt schwer verletzt als Einzige die Zerstörung ihres Dorfes durch flüchtende Soldaten.
Allerdings tritt Clementine im eigentlichen Roman nur in einer Nebenrolle auf und es stellt sich die Frage, warum ihr solch eine ausführliche Einführung zuteil wird. Überhaupt tummeln sich sehr viele Gestalten im Buch. Da ist einmal die Familie von Elise: Eltern, Geschwister, Ehemann, Tochter, dazu die Hausangestellten, wie damals üblich. Dann die vor und hinter den Kulissen des Schauspielhauses Agierenden, einige mit illustrem Namen. Neben Elise ist eine der Hauptfiguren der Kulissenmaler Christian, der dabei ist, zur Gesellschaft der Künstler aufzusteigen und zu ihm gehören seine Kameraden aus der Schulzeit, allesamt dem Stand der Arbeiter zugehörend. Und dann gibt es noch eine Frauenriege, die sich aus mutigen Frauen aus dem Arbeiterstand und politisch informierten und interessierten „höheren“ Töchtern zusammensetzt. Aber diese Figuren bleiben allesamt recht farb- und seelenlos.
Elise ist – wohl im vorausgegangenen ersten Band – von ihren Eltern, wie damals meist üblich, mit einem ungeliebten Mann verheiratet worden, der auch noch deutlich älter ist und träumt trotz ihrer gesellschaftlich guten Situation immer noch heimlich von ihrer Jugendliebe Christian. Dies ist eine recht übliche Geschichte in Romanen und daher nicht besonders spannungsvoll. Und natürlich begegnen sich die Beiden unverhofft wieder und die alte Liebe flackert erneut auf.
Das spielt sich vor dem Hintergrund der in Dresden 1849 stattgefundenen Mai-Revolution ab. Aber die Anspannung, die damals in der Luft gelegen haben muss, ist im Roman nicht spürbar. Selbst Ereignisse, die eine Dramatik erzeugen könnten, werden undramatisch gelöst: Die Sterbeszene der Mutter wird von der Familie mittels Gesang zu einem friedvollen Ereignis, als Elises Ehemann Adam ihr Gewalt antun will, wird die Dramatik mit dem Versagen seiner Manneskraft entschärft und als er einen kompromitierenden Brief entdeckt, lässt ihn die Autorin einen Herzanfall erleiden, von dem er sich nicht erholt und so offensichtlich die von allen freudig begrüßte Ankunft des „Stammhalters“ überhaupt nicht mitbekommt.
Auch die Schilderung der schnell wieder niedergeschlagenen Revolution liest sich nicht sonderlich dramatisch. Und dass Christian, der mehr oder weniger begeistert in die Aufstandswirren hineingezogen wird, die Flucht gelingt, kann nun als Alibi für einen dritten Band dienen.
Von Anne Stern hatte ich bisher ein Buch aus der Reihe über Fräulein Gold gelesen. Dieses hatte mir sehr gut gefallen, die Personen sind authentisch, die Geschichte einfallsreich und gut erzählt. Sprachlich gut erzählt ist auch das Buch über das Opernhaus in Dresden, die netten Beschreibungen von Dresden mit romantische Passagen sind leicht und schnell zu lesen. In Erinnerung wird es mir nicht bleiben.