Dresden - Zeit der Umbrüche

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Dresden im bewegten Jahr 1849: Die Romanhandlung umfasst nur wenige Monate und zeigt damit, wie ereignisreich und umwälzend sich die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in Deutschland darstellt. Die Stimmen der Arbeiter und Bürgerlichen nach größeren Freiheitsrechten und der Frauen nach Gleichberechtigung verschaffen sich zunehmend Gehör.

Eingebettet in die historischen Zusammenhänge nehmen wir weiterhin Anteil am Schicksal Elise Spielmanns (jetzt Jacobi) und ihres Mannes Adam, dazu der Adoptivtochter Netty - eine Fortführung der Ereignisse des ersten Teils der Romanreihe. Während der Komponist und Journalist Adam Jacobi den traditionsbewussten und konservativen Part verkörpert, der weiterhin an Monarchie, Obrigkeit und Vorrangstellung des Mannes festhält, regen sich in Elise fortschrittliche Denkweisen. Sie fühlt sich zunehmend gefangen in der Rolle der bürgerlichen Gattin, der es vom Ehemann lediglich zugestanden wird, hin und wieder bei kleineren Konzerten ihr Talent als Violinistin zu zeigen. Ein zufälliges Wiedersehen mit dem Kulissenmaler Christian Hildebrand lässt die Liebe zwischen beiden erneut aufflammen.

Entschieden für die Revolution und demokratische Rechte kämpfen die Arbeiter und Hausangestellten, aber auch Künstler am Theater und andere Intellektuelle. Christian fungiert als Bindeglied zwischen den Arbeitern am Theater und den Bürgerlichen in der Belegschaft. Sie alle wollen gemeinsam für die Rechte und Werte eintreten, die ihren Ausgang in der Französischen Revolution genommen haben.

Geschickt hat Anne Stern die fiktive Romanhandlung um Elise, Christian und interessante Nebenfiguren in die historischen Gegebenheiten der Maiaufstände eingebunden. Reale Persönlichkeiten wie der Kapellmeister Richard Wagner, der Erbauer der Semperoper Gottfried Semper und Louise Otto als Vertreterin der aufkommenden Frauenbewegung machen den Roman authentisch. Eingestreute Briefe und andere Dokumente untermauern diesen Anspruch. Mit ihrem Epilog bietet uns die Autorin vertiefend eine genauere geschichtliche Einordnung, die ich sehr hilfreich fand.

Einzig der gut fünfunddreißig Jahre früher spielende Prolog mit den tragischen Ereignissen um Clementine bleibt in der weiteren Romanhandlung lange Zeit unverbunden und rätselhaft stehen. Für diese spannende Frauengestalt hätte ich mir mehr Raum, Einfluss und sinnvolle Verknüpfung gewünscht.

Als nette Beigabe im vorderen Umschlag bietet der historische Stadtplan Dresdens Orientierung zu den Schauplätzen. Das prägnante Cover hat hohen Wiedererkennungswert: Das gleiche Frauenportrait wie beim ersten Band in anderem Anschnitt, der glänzend-farbige Kreis mit identischem Titel und jeweils gleichartigem Untertitel. Auch der letzte Band der Trilogie wird so gestaltet sein; auf sein Erscheinen im August freue ich mich.