Der Duft des Mörders

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
fornika Avatar

Von

In Taipeh arbeitet Yang Ning als Tatortreinigerin; ein Job, der andere abstößt, ihr aber für kurze Zeit den schmerzlich vermissten Geruchssinn zurückbringt. Und so ist sie geradezu süchtig nach ihrer Arbeit, oft die Erste am Einsatzort. Das bringt sie eines Tages in die Bredouille, denn sie reinigt einen Tatort noch bevor die Polizei ihn als solchen erfasst hat, und steht so prompt als mögliche Täterin im Fokus der Ermittler.
Ning ist eine etwas unnahbare Figur, man merkt, dass sie sich in ihrem Schneckenhaus verkriechen will und das dann sehr effektiv verteidigt. Gleichzeitig ist ihr mysteriöser Geruchssinn natürlich ein Alleinstellungsmerkmal, was sie als Protagonistin umso interessanter macht. Natürlich denkt man an Grenouille aus Süßkinds Parfüm, die Autorin spielt auch ganz offen darauf an, trotzdem wirkt die Figur oder die Handlung nie abgekupfert oder aufgewärmt. Auch das Verhältnis von Ning und dem Serienmörder Cheng spielt auf einen Thrillerklassiker (Das Schweigen der Lämmer) an, ohne dass man beim Lesen nur noch Starling/Lecter im Kopf hat.
Hsiao schildert brutale und abstoßende Szenen detailreich und plastisch, das wirkt aber gar nicht übertrieben sondern sehr passend zur Geschichte; vertragen muss man das als Leser allerdings schon können. Ihr Stil gefiel mir wirklich gut, denn gleichzeitig kann sie sich Themen wie Trauer und Verlust auch sehr feinfühlig nähern und trifft für beide Extreme immer den Ton. Die Handlung entwickelt sich wirklich spannend, die düstere, z.T. brutale Atmosphäre hat mich komplett gefesselt, und so war der Thriller leider viel zu schnell gelesen. Ein heftiger Thriller, der aber definitiv Lust auf mehr von Katniss Hsiao macht.