Mosaik aus vier Frauenleben

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Valery Tscheplanowas Roman folgt einer ganz eigenen Erzählweise, als Lesende*r erlebt man sehr bildlich beschriebene, unmittelbar spürbare Vignetten, die einzelne Szenen komplett ausleuchten, während andere Momente dazwischen im Dunkeln bleiben.
Die Momentaufnahmen aus den Leben der vier Generationen von Frauen, in denen Männer kaum eine erwähnenswerte Rolle spielen, allesamt faszinierende Persönlichkeiten, setzen sich nach und nach zu einem Mosaik einer Familie zusammen, sind einander über die Zeit hinweg Spiegelbild, Echo und Erklärung, Ursache und Wirkung.
Die Beziehungen von Müttern und Töchtern, Großmüttern und Enkelinnen, geprägt vom Leben in Sowjetrussland und vom Leben als Frauen in einer Männerwelt, welches sie als Kampf erleben, wodurch sie folgerichtig Kämpferinnen sein müssen, sind bestimmt durch Eigenständigkeit und Eigensinn.
Gerade die Großmutter Nina, die starke, hartschalige Matriarchin, folgt der Einstellung, dass das getan wird, was getan werden muss, was die oder der Einzelne möchte, spielt dabei keine Rolle. So zeigt sie auch wenig Mütterlichkeit, sie versorgt Bedürfnisse, doch für Wärme oder Zuneigung bleibt kaum Raum oder auch emotionale Kapazität. Wie sich das auf die weitergegebenen, vererbten Werte und Emotionen der Familie auswirkt, ist faszinierend aus den Verbindungen zwischen den Generationen herauszulesen.

"Das Pferd im Brunnen" ist ein sehr empfehlenswerter autobiographischer Debütroman, der neben der feinsinnigen Beobachtung seiner Figuren auch durch eine sehr bildhafte, poetische Sprache beeindruckt.