Tolle Sprache, wenig Handlung

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joodie Avatar

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Die Leseprobe von "Das Pferd im Brunnen" hatte mich sofort begeistert. So eine tolle, ungewöhnliche, atmosphärische Sprache! Doch meine anfängliche Begeisterung wurde im Verlauf der Lektüre ziemlich gedämpft. Die Sprache gefiel mir durchgehend sehr gut, doch je länger ich las, desto mehr zeigte sich, dass es eigentlich keine wirkliche Handlung gibt. Die Kapitel stehen kaum in Zusammenhang miteinander, es gibt keinerlei roten Faden. Eher sind es einzelne Anekdoten, Schnappschüsse aus dem Leben der Hauptfigur Nina und vereinzelt auch ihrer Mutter, Tochter und Enkelin. Und auf die Dauer ist es dann ohne wirkliche Handlung doch etwas zäh. Zum Glück ist das Buch so kurz, viel länger hätte ich nicht lesen wollen.
Mich wundert vor allem im Rückblick auch der Klappentext. Dort ist von Walja die Rede, die sich "auf Spurensuche [nach Russland] begibt", "zwischen den Welten lebt" usw. Tatsächlich geht es in dem Buch absolut null um sie, ich möchte sogar behaupten, dass der Name kein einziges Mal genannt wird, und nur ein paar wenige Kapitel sind aus ihrer Perspektive geschrieben. Das finde ich sehr irreführend.
Insgesamt fand ich es ein nettes Buch, das interessante Einblicke in das Leben in der Sowjetunion gewährt und sprachlich Freude macht, doch mir fehlte der rote Faden, der einen an das Buch fesselt und zum Weiterlesen motiviert.