Begegnung mit Lenin und anderen Zeitgenossen

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katharina.51 Avatar

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Eine hundertjährige Architekturprofessorin will eine besondere Art ihrer Memoiren verfassen lassen. Sie sucht sich dazu einen besonderen Schriftsteller aus, einen, bei dem sich der Leser nicht sicher sein kann, ob er ihm glauben soll, oder nicht.
Als Anouk Perleman-Jacob ein junges Mädchen von vierzehn Jahren ist, gehört sie mit ihren Eltern zu der großen Gruppe der Intelligenzija, die von den damaligen Machthabern Russlands, den Bolschewiken, des Landes verwiesen werden. Sie werden mit den sogenannten Philisophenschiffen außer Landes gebracht.
Anouk, die nachts, in aller Heimlichkeit auf dem Luxusdampfer heraumstreunt, trifft zufällig auf den einzigen Passagier der ersten Klasse.
Er gibt sich ihr als Lenin zu erkennen. Eine kranke Gestalt. aus Haut und Knochen, lesend im Rollstuhl. Sie beginnen eine Unterhaltung, die sie jeden Abend fortsetzen, bis zu einem gewissen Abend, an dem Anouk eine andere Gestalt bei ihm entdeckt. Ein Mann mit einem Schnauzbart, schwarzen Zähnen und feinen weißen Händen. Sie belauscht heimlich die Rede des Mannes aus Georgien und wird Zeugin eines "historischen" Geschehens.

Der Autor entrollt in seinem Buch ein Bild, rund um die Geschehnisse während der Machtergreifung der Bolschewiken in Russland.
Er schreibt von der Angst der Menschen, den Grausamkeiten, von innen- und
außenpolitischen Machtspielen, von dem "Konzert der Intrigen".
Der historisch nicht bewanderten Leser, liest mit ungläubigem Staunen.

Die "éloge funèbre", eine Abrechnung des Georgiers mit Lenin ist brillant und treffend, sie lässt Parallelen erkennen zu der erschreckenden, aktuellen Realität im derzeitigen Russland.

Michael Köhlmeier hat das geliefert, was man unter guter Literatur versteht.