Erzählte Biographie

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Der Autor lässt sich die Biographie einer 100jährigen russischen Architektin erzählen und verbindet so geschickt Fiktion und historische Fakten. Gleichzeitig stellt er gleich zu Beginn der Frage nach der Zuverlässigkeit der Erinnerung und der Wahrheit von Dichtung. Sicher hat Köhlmeier ein fundiertes Wissen über die russische Geschichte der 20er Jahre und mit einer großen Leichtigkeit verknüpft er die offenbar erfundene Figur der Anouk Perleman-Jacob (ich habe jedenfalls nichts über sie gefunden) mit vielen Personen der russischen Revolution von 1917. Sehr deutlich wird der Terror des Regimes, die Unsicherheit des kleinen Mädchens aus bürgerlichem Haus, die Verworrenheit der politischen und auch persönlichen Lebensumstände. Es gab sie wirklich, die Philosophenschiffe, mit denen Intellektuelle, die dem Regime vielleicht gefährlich werden könnten, 1922 in die Verbannung geschickt wurden. Lenins Deportation ist ein interessantes Gedankenspiel. Ein anspruchsvoller, aber dennoch leicht zu lesender Roman, mit viel Raum zum Nachdenken.