Viele Fragen, wenige Antworten

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lolarennt Avatar

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Ich mag Köhlmeier. Ich mochte auch "Zwei Herren am Strand" und fand es wirklich faszinierend.
Das Philosophenschiff ist es in gewisser Weise auch, wirft für mich aber sehr viele Fragen auf, deren Antwort Köhlmeier schuldig bleibt.
Eine Hundertjährige, Architektin, gebürtige Russin, bittet Köhlmeier, sich ihre Lebensgeschichte anzuhören. Soweit, so gut.
Großartig finde ich die Erzählstimme der alten Dame, Anouk Perleman-Jacob, man hört richtig, dass da jemand spricht, der einerseits nicht mehr viel Zeit hat, sich andererseits in Nebensächlichkeiten verlieren kann( oder will). Wer alten Menschen schon zugehört hat, kennt das auch.
Irritierend für mich war, dass der Autor alle Personen beim realen Namen nennt - sich selbst, seine Frau Monika, diverse Minister, die sowjetischen Bonzen, den amerikanischen Gewerkschafter George Meany...
Wer jedoch nicht real existiert, ist Anouk Perleman-Jacob. Und nun frage ich mich... wer war das Role Model für sie? Gab es eines? Ist sie zur Gänze Köhlmeiers Fantasie entsprungen?
Freiheiten hat der Autor sich auch beim Tod von Lenin genommen - da sein Leichnam einbalsamiert wurde und man ihn besichtigen kann, ist die im Buch beschriebene Todesursache wohl eher unmöglich.
Das Ende ist für mich dann etwas unbefriedigend- ich hätte über Alice Winegard, die Gefährtin und Betreuerin gerne noch mehr erfahren und über das, was sie noch über Anouk zu erzählen gehabt hätte.