märchenhaft, ehrlich, faszinierend

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gracejones Avatar

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Die Leseprobe von "Das Schneemädchen" mutet an wie ein Märchen. Ein Paar, dem es nicht vergönnt ist, ein eigenes Kind zu haben, bauen sich eines aus Schnee und es wird lebendig. Die Idee ist zauberhaft und zauberhaft ist auch die Sprache, derer sich die Autorin bedient. Sensibel und phantasievoll fasst sie die Welt ihres Romans in Worte. Der Schnee, der von den Bäumen rieselt, kommt einem wie Diamantstaub vor, der Wald wie ein Märchenwald, die Melodie des Windes scheint eine mysthische Tonfolge zu sein, die einem leise ins Ohr wispert.
Und in diese anmutige, märchenhafte Welt bringt die Autorin dann immer wieder krass und schockierend das Hässliche. Ein zerfetzter Wildvogel mit fast abgetrenntem Kopf, ein Elch in seinem Todeskampf, Blutspuren im Schnee. Auch diese Dinge werden ebenso einfühlsam beschrieben wie das Schöne, der Schreibstil umfasst Schönes und Hässliches, Märchen und Realität gleichermaßen.
Und dann ist da die Neugier, die einen bei Lesen fast die Zeilen entlangfliegen lässt. Man möchte das kleine Zaubermädchen finden, möchte wissen, was es damit auf sich hat. Ob das kleine Schneemädchen wirklich das Mädchen aus Schnee war, ob es sich hier wirklich um ein Märchen handelt.
Währenddessen jagt einem jedoch regelmäßig ein Schauer über den Rücken. Die Kleine mit dem Porzellangesicht, ähnlich der Porzellanpuppe, welche sie als Geschenk letztendlich doch nachts zum Haus lockt - warum kommt sie nicht? Warum versteckt sie sich? Was hat sie vor? Das Märchen scheint nicht so glatt zu gehen wie man es aus Märchen eben gewohnt ist. Das Mädchen erscheint und verschwindet. Es bewegt sich in der Dunkelheit. Es beobachtet das Paar aus der Ferne. Und hinterlässt stehts eine Gänsehaut.
"Das Schneemädchen" fasziniert von der ersten Zeile an. Man taucht ein in eine magische Welt - ist sie überhaupt magisch? Oder ist das alles gar nicht real und damit nur umso schauriger als die Einbildung es sein könnte? Was steckt dahinter. Egal was dort lauert hinter den schneebedeckten Fichtenzweigen des Waldes, man spürt schon gleich, dass man nicht eher aufhören wird zu lesen, als bis man es erfahren hat.