Ungewöhnliche, aber sehr "schmackhafte" Lesekost mit unterschiedlichen Zutaten

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Eowyn Ivey: Das Schneemädchen
Kurzbeschreibung bei amazon

Alaska, in den 1920er Jahren: Mabel und Jack konnten keine Kinder
bekommen. Um den Schmerz und die Enttäuschung hinter sich zu lassen,
haben sie an der Zivilisationsgrenze Alaskas ein neues, einfaches Leben
als Farmer begonnen. Doch Trauer und der harte Überlebenskampf in der
erbarmungslosen Natur schaffen zwischen den beiden, die sich innig
lieben, eine scheinbar unüberbrückbare Distanz. Als der erste Schnee
fällt, überkommt Mabel für kurze Zeit eine fast kindliche Leichtigkeit.
Eine Schneeballschlacht mit Jack entspinnt sich, und sie bauen vor ihrer
Hütte zusammen ein Kind aus Schnee. Am nächsten Tag entdecken sie zum
ersten Mal das feenhafte blonde Mädchen in Begleitung eines Fuchses, das
sie zwischen den Bäumen des Waldes hindurch beobachtet. Woher kommt das
Kind? Wie kann es allein in der Wildnis überleben? Und was hat es mit
den kleinen Fußspuren auf sich, die von Mabels und Jacks Blockhaus
wegführen? [...]

Autorin (Klappentext)

Eowyn Ivey wuchs in Alaska auf, wo sie noch heutre mit ihrem Mann und zwei Töchtern lebt. Sie studierte Journalismus und kreatives Schreiben an der Western Washington Unsiversity und der University of Alaska und arbeitete zehn Jahre lang als preisgekrönte Redakteurin beim Frontiersman Newspaper. Heute ist sie Buchhändlerin. "Das Schneemädchen" ist ihr erster Roman.

Eigene Beurteilung

"Das Schneemädchen" ist in drei große Teile gegliedert, die sich auf 54 Kapitel und einen Epilog verteilen und inhaltlich einen Zeitraum von etwa zehn Jahren abdecken. Die Kapitel sind weiter in kurze, jeweils durch eine Schneeflocke voneinander abgegrenzte Abschnitte unterteilt, sodass man leicht Lesepausen einlegen kann.
Jack und Mabel sind ein Paar in mittleren Jahren, als sie sich in ein Blockhaus in der Nähe des Wolverine Rivers in Alaska zurückziehen, um dort eine kleine Farm zu bewirtschaften. Das einzige Kind der beiden kam zehn Jahre zuvor tot zur Welt, bis jetzt leiden sie unter dem Verlust.
Das Leben in der kargen Wildnis ist hart und besonders für Mabel ebenso einsam wie eintönig. Ein bisschen Freude kommt in ihr Leben, als sie sich mit George Benson und seiner tatkräftigen, großherzigen Frau Esther anfreunden. Diese entfernt benachbarte Familie unterstützt Jack und Mabel, als sie dicht davor sind, aufzugeben und ihr jüngster Sohn Garrett verbringt viele Wochen damit, Jack auf seinem Acker zu helfen und ihn in die Geheimnisse der Jagd und Fallenstellerei einzuweihen.
Die größte Bereicherung in Mabels Leben ist jedoch ein Mädchen, das offenbar - abgesehen von der Begleitung eines Fuchses - völlig allein in den Bergen haust und sie und Jack immer wieder in nicht voraussagbaren Abständen besucht. Das kleine Mädchen nennt sich Faina, zwischen ihr und Mabel entwickelt sich eine eigenartige Freundschaft, aber Faina lässt sich von Mabel nicht vereinnahmen und bemuttern. Vielmehr verschwindet sie den ganzen Sommer über, um dann im Winter wieder aufzutauchen. Dieses Mädchen, das zum ersten Mal zu Jack und Mabel kam, nachdem diese ein Schneemädchen gebaut hatten, erinnert Mabel an das russische Märchen von "Snegurotschka", dem Schneemädchen, das sie als Kind geliebt hat. Mabel und der Leser wissen nicht, ob sie es bei Faina mit einem Menschen oder einer winterlichen "Schnee-Elfe" zu tun haben...
"Das Schneemädchen" lässt sich nicht so einfach einem Genre zuordnen: es hat durch die feingezeichnete Charakterdarstellung der Romanfiguren Züge eines Entwicklungsromans, es weist im Hinblick auf die herausragend eindringlichen Naturbeschreibungen Züge eines Natur- und Abenteuerromans (Überleben in der eiskalten Wildnis) auf. Vor allem treten aber die märchenhaften Züge dieser faszinierenden Geschichte heraus, die sich bei aller bodenständigen Freundschaft, Liebe und Loyalität in den Beziehungen zwischen den Hauptfiguren immer ein Stückchen am Rande des "Übernatürlichen", bzw. Mysteriösen bewegt und für unterschiedliche Interpretationen des Lesers offen bleibt.

Für mich ist dieser Roman außerhalb meiner sonst bevorzugten Literatur angesiedelt, aber es gelang der Autorin , mich in eine völlig unbekannte, unbarmherzig harte und doch zauberhafte Welt zu entführen. Der packende Schreibstil ließ mich die Entbehrungen des Winters in Alaska geradezu körperlich mitempfinden.

Ich vergebe eine uneingeschränkte Leseempfehlung für Leser der oben angesprochenen Genres. 4,5 Sterne.