Atmosphärischer Krimi kurz nach dem Mauerfall

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dimue Avatar

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Hauptkommissar Groth kehrt Anfang der 90er Jahre als Aufbauhelfer Ost nach Jahrzehnten in Hamburg in sein Heimatdorf Wächtershagen zurück. Er wird misstrauisch, als der Neue und der Wessi beäugt, offen und hinter vorgehaltener Hand angefeindet, und dann ist da noch der Verrückte Eck, der im Spätherbst ohne Schuhe zu ihm kommt und erklärt, er werde verfolgt, ein paar Tage später ist er tot. Auf der Suche nach dem Täter muss Groth tief in einen Cold Case aus dem Jahr 1980 eintauchen.

Was zunächst wie ein Unfall bei Eck aussieht, hinterlässt bei dem erfahrenen Kommissar Fragezeichen und so werden die Ermittlungen gemeinsam mit einem Kollegen der alten Schule" aus dem Osten fortgesetzt. Oliver Dupont spricht das Hörbuch. Ihm gelingt es schnell, die Atmosphäre des Buches einzufangen. Der erste Tchibo, der erste Bohnenkaffee, das Leben in der Provinz. Es ist eine Atmosphäre des Aufbruchs und der Verdrängung. Und diese Atmosphäre lässt mich über die eine oder andere sprachliche Ausschweifung hinwegsehen. Denn über Essen hat man wirklich viel und ausführlich geschrieben. Das schafft auf der einen Seite Nähe, auf der anderen Seite aber auch eine Skurrilität im Hörbuch, bei der ich nicht genau weiß, was ich davon halten soll. Am Ende sind die Ausschweifungen aber kein Störfaktor, sondern im Gegenteil eine Hilfe beim Einfangen der Atmosphäre. Wie in jedem guten Krimi ist es auch hier Pflicht, dass die Kommissare eine gewisse Tragik und Skurrilität mitbringen.Aber auch die Stadt und ihre Bewohner sind in ihren eigenen Geschichten gefangen. Etwas, das doch das eine oder andere Schmunzeln hervorruft. Und für ein Mädchen von der deutsch-tschechischen Grenze kam doch die eine oder andere Erinnerung hoch. Auch wenn ich auf der westdeutschen Seite aufgewachsen bin, aber STASI war auch bei mir als Kind ein Wort, das Gänsehaut verursachte.

Auch in diesem Buch, denn so kurz nach der Wende wird das natürlich thematisiert. Ich fand den Aufbau der Geschichte sehr gut und konnte bis zum Schluss mitraten und mitfiebern. Das ist auch etwas, was ich sehr schön finde, wenn nicht alles gleich offen liegt, sondern man es Stück für Stück auffängt. Was ich immer bedaure, sind offene Enden, wie in diesem Fall. Denn der große Cold Case ist immer noch da. Gutes Stück zu Ende ermittelt, aber noch nicht abgeschlossen. Mal sehen, wie wir noch von Hauptkommissar Groth hören werden.

Das Hörbuch ist für jeden interessant, der sich für deutsch-deutsche Geschichte interessiert, mehr auf Atmosphäre als auf Logik steht und mit offenen Enden gut zurechtkommt.