Leichte Historienkost für Schmökerinnen

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caillean79 Avatar

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In „Das Sündenbuch“ begleiten wir die junge Apothekerin Jana aus Prag auf einer abenteuerlichen Reise durch Europa. Sie ist durch ihren Vater in den Besitz eines mysteriösen Buches und eines dazugehörigen Amuletts gekommen und will um jeden Preis herausfinden, welche Geheimnisse sie bergen. Ihr Vater wurde ermordet, kurz nachdem er in den Besitz von Buch und Schmuckstück kam und Jana ist überzeugt, dass sein Tod mit diesen beiden Dingen zu tun hat. Nachdem feststeht, dass sie am ehesten in Frankreich Antworten finden wird, gelingt es ihr mit einem kleinen Trick, den Wiener Arzt und Gelehrten Conrad Pfeiffer zu überreden, sie (zumindest) von Prag nach München mitzunehmen. Der Beginn einer Wanderschaft, die am Ende bis nach Lissabon führt.

Schade, dass der Klappentext den Inhalt des Buches ein wenig zu grob zusammenfasst und so ein fälschliches Bild vom Inhalt des Buches entstehen lässt. Jana und Conrad werden nur unfreiwillig zu Gefährten und haben Lissabon keineswegs als Reiseziel geplant. Das sogenannte „Sündenbuch“ hat von vornherein nichts mit dem Wort „Sünde“ im kirchlichen Sinne zu tun, obwohl der Klappentext darauf schließen lässt. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, aber ich habe mich doch gewundert, weshalb das ganze Werk sich nach einem „Sündenbuch“ benennt, das gar keines ist!? Weil sich so ein Titel besser verkauft als nur ein „rätselhaftes“ oder „geheimnisvolles“ Buch? Wie auch immer – hier wird aus meiner Sicht dem (potentiellen) Leser bzw. Käufer etwas schmackhaft gemacht, das sich hinterher doch sehr anders darstellt. So etwas mag ich nicht, deshalb ziehe ich dafür auch einen Stern in der Bewertung ab.

Ansonsten ist es ein schöner historischer Roman, angesiedelt im 17. Jahrhundert. Ich fand es nett, wie die Eigenheiten der Städte, in denen die Handlung spielt, mit einem Augenzwinkern herausgehoben wurden, so dass man sie fast erkennt, ohne den Namen der Stadt zu nennen (Beispiel: die Beschreibung eines typischen Biergartens in München. Sofern es sowas um diese Zeit dort schon gegeben hat – ich habe das nicht recherchiert – finde ich das eine nette Anekdote im Text).

Ein paar Stellen der Geschichte fand ich nicht so glaubwürdig, so z. B. die recht schnelle Bereitschaft und Ankündigung, eine lange Seereise zu unternehmen, obwohl derjenige schnell seekrank wird und gerade einen Schiffbruch nur knapp überlebt hat. Da erschien mir – ohne zuviel verraten zu wollen – das Ende doch sehr darum bemüht, einen Aufhänger für eine mögliche Fortsetzung zu haben. Die Glaubwürdigkeit blieb dafür wohl etwas auf der Strecke.

Von dem letztlichen Geheimnis des Buches war ich ein wenig enttäuscht – denn zwar entdecken Jana und Conrad, was das Wertvolle am Buch ist, aber das eigentliche Rätsel, auf das das Buch verweist, wird nicht gefunden. Wie gesagt, ich vermute die Geschichte ist auf eine Fortsetzung ausgelegt, die dann hoffentlich nicht wieder in so ein offenes Ende mündet. Da wäre die Geduld der Leser dann schon sehr arg strapaziert.

Die Geschichte an sich hat kaum Nebenhandlungen und folgt sehr strikt der Reise von Jana und Conrad. Mich hätte interessiert, was aus einigen Nebenfiguren geworden ist, aber dazu sagt das Buch leider nichts mehr (z. B. ob die Flucht von Sebastian und seiner Mutter glückt und sie wohlbehalten an ihrem erklärten Ziel ankommen). Lesen lässt sich der Roman sehr schnell und flüssig, wahrscheinlich eben weil die Handlung so strikt „vorwärts getrimmt“ ist. Also hat das auch seine guten Seiten.

Insgesamt schätze ich den Roman als nicht unbedingt sehr tiefgründig-historisch ein. Markante historische Entwicklungen, wie z. B. der zweite Fenstersturz zu Prag und die Rivalitäten zwischen Protestanten und Katholiken, werden gestreift und bilden die historische Grundlage. Aber Frau Maly nimmt im Weiteren nicht viel darauf Bezug. Damit bleibt der Roman an der historischen Oberfläche. Das macht ihn leicht les- und nachvollziehbar, auch für Leute, die diese historische Epoche nicht gut kennen. Aber es werden leider (außer am Anfang, als sie die Ausgangssituation in Prag darstellt) kaum Geschichtskenntnisse vermittelt. Hier muss ich sagen, hätte ich gern etwas mehr erfahren.

Ich finde, es ist ein schöner Frauen-Historienschmöker, der durchaus 4 Sterne verdient hat, ideal für Winterabende auf der Couch. Für geschichtlich näher Interessierte, die neben einer Abenteuer- und Liebesgeschichte (auch) politische Zusammenhänge nähergebracht haben möchten, würde ich ihn aber nicht empfehlen.